Über die fortgesetzte Repression gegen die humanitäre Organisation Rahma und wie wir die bedrohten Grundrechte verteidigen können
Podiumsdiskussion am Mo 11.11.24 19.00 Uhr
Neustiftgasse 36, 1070 Wien
Es diskutieren:
Moderation: Irina Vana, Sozialwissenschaftlerin, Spitzenkandidatin der Liste GAZA
Am 9. November 2020 führten österreichische Behörden um fünf Uhr morgens in den Bundesländern Wien, Steiermark und Kärnten gleichzeitig schwerbewaffnet Razzien in den Wohnungen und Wohnhäusern von 70 Personen und Institutionen durch. Die Razzien sind heute als Operation Luxor bekannt. Sie waren Teil eines Ermittlungsverfahrens, das sich auf die Straftatbestände der terroristischen Organisation, der kriminellen Organisation, der staatsfeindlichen Vereinigung, der Terrorismusfinanzierung und der Geldwäsche konzentrierte.
Vier Jahre nach dieser Razzia bleibt nichts übrig von den Anschuldigungen. Alle Verfahren wurden Anfang 2023 rechtskräftig eingestellt. Die Vorwürfe der Terrorismusfinanzierung und Geldwäscherei sowie der terroristischen Vereinigung mussten als unhaltbar fallengelassen werden.
In der Öffentlichkeit bleibt der schale Beigeschmack einer missglückten PR-Aktion der ÖVP: Der damalige Innenminister Nehammer versuchte sich als „starker Mann“ gegen die Muslime zu profilieren. Der große Schaden, der dadurch für die Demokratie und insbesondere die betroffenen Organisationen, Personen und ihre Familien angerichtet wurde, bleibt unthematisiert. Sie müssen mit den Folgen des Übergriffs klarkommen: Traumatisierung, Angst, vertieftes Misstrauen gegen muslimische Menschen, die unter Verdacht gestellt wurden, und die trotz gegenteiliger Beweise anhaltende Kriminalisierung der humanitären Arbeit der betroffenen Organisationen.
Nicht nur Rahma Austria, sondern auch die Mitglieder des Vereins und sogar die Spender:innen wurde Ziel der Ermittlungen. Rahma Austria ist eine humanitäre Organisation. Der Verein hilft in Kriegs-, Katastrophen- und anderen Krisengebieten in insgesamt 20 Ländern in Europa, Asien und Afrika und finanziert seine Projekte überwiegend über Spenden von Privatpersonen. Mit Hilfe der Spendenprojekte von Rahma Austria wurden seit der Gründung des Vereins 2006 zahlreiche Brunnen, Schulen und Krankenhäuser gebaut, Containerdörfer für Erdbebenopfer und Entsalzungsanlagen errichtet und tausenden Waisenkindern und Flüchtlingen ein menschenwürdiges Überleben ermöglicht.
In Folge der Ermittlungen wurde der Verein in der Presse als kriminell und sogar terroristisch verleumdet. Spender:innen wurde suggeriert, sie hätten mit ihren Spenden eine Terrororganisation unterstützt. Österreichische Banken haben in Folge der Ermittlungen die Geschäftsbeziehungen zu Rahma beendet und die Konten geschlossen. Und auch heute wird, obwohl die Ermittlungen wegen angeblicher Geldwäsche und Terrorfinanzierung längst eingestellt wurden, gegen den Verein weiter wegen Finanz- und Vermögensdelikten ermittelt.
Im Rahmen der Ermittlungen wurden etwa 200 SpenderInnen von Rahma durch Beamte von Finanz, Exekutive oder LSE (Landesämter für Staatsschutz und Extremismusbekämpfung) besucht und verhört. Offensichtlich sollen die UnterstützerInnen eingeschüchtert und Rahma dadurch diffamiert wie auch an seiner Arbeit gehindert werden. Bisher ist in Österreich kein vergleichbares Vorgehen gegen SpenderInnen anderer Hilfsorganisationen bekannt.
Rahma Austria ist seit langem auch in Palästina aktiv. Auch nach dem 7 Oktober 2023 hat der Verein seine Unterstützung in Gaza und in der Westbank fortgesetzt. Bisher wurden 100 Lkws nach Gaza geliefert. Diese wichtige Arbeit wird durch die österreichischen Behörden behindert.
Im März 2024 und Mai 2024 wurde eine große Summe Spendengelder beschlagnahmt und die Bankkonten eingefroren. Auch diese Beschlagnahme wurde Anfang Oktober 2024 vom OLG-Graz rechtskräftig aufgehoben.
Das Vorgehen der Staatsanwaltschaft gegen Rahma zeigt die Kontinuität im Vorgehen der Österreichischen Republik gegen Vereine und Personen, die sich mit Palästina solidarisch zeigen und durch ihre Spenden das Leid der von einem Genozid, von Unterdrückung und Besatzung betroffenen Menschen zu lindern. Es ist ein Beispiel für die Beteiligung der österreichischen Republik am Völkermord in Palästina. Es zeigt auch, wie diese Ambitionen zur Aushöhlung demokratischer Rechte führen und wie durch die Feindbildpolitik der etablierten Parteien, muslimische Bürger:innen Österreichs kriminalisiert werden.
Wir diskutieren gemeinsam mit Betroffenen, 4 Jahre nach der Operation Luxor und vor dem Hintergrund der anhaltenden Kriminalisierung, Stigmatisierung und Verleugnung muslimischer Menschen in Österreich, was wir tun können, damit den Opfern der Operation Luxor ihr Recht zukommt. Wir wollen Perspektiven überlegen, was wir tun können, damit die wichtigen Arbeiten der auch in Palästina aktiven Hilfsorganisationen weitere durchgeführt werden können, weder Funktionär:innen noch Spender:innen kriminalisiert und verfolgt werden und die demokratischen Rechte der Menschen, die sich in Österreich mit Palästina solidarisieren, geschützt werden.
Veranstalter: Selbstbestimmtes Österreich
Unterstützende Gruppen:
Initiative Plattform Demokratie (IPD)
Not in our Name (NION)
Solidarwerkstatt Österreich
Cage Austria
Antiimperialistische Koordination (AIK)
Literaturempfehlung:
Operation Luxor – Eine kritische Aufarbeitung der größten rassistischen Polizeioperation Österreichs