Ein – nicht veröffentlichter – Leserbrief zu dem EXXPRESS Artikel von Fr. Sutter

Der EXXPRESS Artikel von Emanuela Sutter vom 10. April 2025 mit dem Titel „Wiener Bürgermeisterin mit Kopftuch? Migrantenpartei wirbt mit „Gaza“-Kandidatin“, ist beispielhaft für die antimuslimische Hetze, vor der die Liste Gaza im Wahlkampf zu den Nationalratswahlen 20224 warnte. Eine Hetze, die hier erneut gegen politische Stimmen ins Feld geführt wird, die sich für Menschenrechte und gegen die Komplizenschaft etablierter Parteien in Österreich mit dem Völkermord an den Palästinenser:innen aussprechen.   

Hetze, durch die in Österreich demokratische Rechte ausgehebelt werden, Demonstrationen verboten werden und durch die Muslim:innen unter einen Generalverdacht der Terrornähe gestellt, herabgewürdigt und als „nicht zur Österreichischen Gesellschaft gehörend“ stilisiert werden. Dieser Generalverdacht fördert die Spaltung der Gesellschaft und macht Musliminnen und Muslime zur Zielscheibe für islamfeindliche Attacken, welche durch Projekte wie die „Islam-Landkarte“ und die Dokumentationsstelle politischer Islam weiter befördert werden. Denn die so genannte Islam-Landkarte gibt nicht, wie Sutter in dem Artikel behauptet, einen „Überblick über muslimische Einrichtungen in Österreich“. Die Karte dient vielmehr als politisch, mediale „Watchlist“ zur Diffamierung muslimischer Einrichtungen und unliebsamer Meinungen.

Die politische und soziale Ausgrenzung und Abwertung von Muslim:innen, die Kriminalisierung politisch aktiver Muslim:innen und der „Kulturkampf“ (für verpflichtende Nikolofeste und gegen das Kopftuch) sind hier in Österreich der politische Ausdruck dessen, was in Palästina in der  Dehumanisierung von Palästinenser:innen durch israelische Politiker:innen gipfelt.

Im EXXPRESS-Artikel liest sich das wie folgt: „Nicht nur heimische Parteien wie SPÖ und FPÖ werben also um Österreicher mit islamischem Migrationshintergrund. Es entstehen neue Parteien [wie Liste GAZA], die sich explizit für muslimische Anliegen einsetzen.“

Die Aussage ist in zweifacher Weise irritierend. Zuvorderst irritiert die Differenzierung zwischen „heimischen“ Parteien und „Migrant:innenpartein“. Parteien, die gegen die Ausgrenzung von Muslim:innen und gegen die Politik der Angst, die gegen diese gewendet wird, auftreten, wird vorgeworfen „Paralellgesellschaften“ zu fördern und nicht „heimisch“ zu sein. Dabei sind es jene, die Muslim:innen nicht als Teil unserer Gesellschaft anerkennen, die die soziale und politische Teilhabe verhindern.

Zudem verkennt die Autorin des Artikels bewusst den Charakter der Liste Gaza. Die Liste Gaza ist eine Initiative von Menschen unterschiedlichster religiöser und politischer Einstellungen -Atheist:innen, muslimisch, jüdisch und christlichen Menschen. Was uns eint ist unser Engagement für Frieden und soziale Gerechtigkeit, das Auftreten für Menschenrechte, für demokratische Grundrechte und gegen die Komplizenschaft der österreichischen Politik mit dem Völkermord an den Palästinenser:innen.

Es wäre beschämend, wenn nur Muslim:innen gegen den Völkermord auftreten würden, wenn nur Muslim:innen die verfassungsrechtlich verankerte Neutralität Österreichs und ein Ende der politischen und wirtschaftlichen Unterstützung des Völkermords an den Palästineneser:innen einfordern würden. Es wäre beschämend, wenn Muslim:innen in einem demokratischen Land wie Österreich, keine politische Stimme hätten.

Und so ist es zum Glück auch nicht: In Wien haben bei den Nationalratswahlen 1,12% der Wähler:innen durch ihre Stimme für die Liste GAZA der Politik der etablierten Parteien und ihrer politischen, wirtschaftlichen und militärischen Unterstützung des Völkermords in Palästina eine klare Abfuhr erteilt.

Wie sieht es derzeit in Gaza aus? Israel hat den Waffelstillstand einseitig gebrochen, verhindert Hilfslieferungen und ist scheinbar entschlossen, die von Trump vorgetragene Idee zur Entvölkerung Gaza in die Tat umzusetzen. Gleich am ersten Tag des Bruchs des Waffenstillstands wurden 200 palästinensische Kinder durch Israels Bomben getötet. An nur einem Tag. Wasser ist Mangelware in Gaza. Hunger, Unterernährung und Tod sind Folgen der Blockade Gazas. Und die österreichischen Politiker:innen? Die stehen nach eigenen Aussagen weiterhin felsenfest an der Seite Israels.  So meinte Frau Plakholm, ihres Zeichens Ministerin für Integration und Familie, gleich zu Beginn ihrer Amtszeit „für Österreich sei der Haftbefehl, den das ICC gegen Netanjahu erlassen habe, ein Affront.“

Davon steht in dem Artikel von Frau Sutter aber kein Wort. Denn Frau Sutter stellt überhaupt in Frage, ob in Palästina ein Völkermord begangen wird. Sie legitimiert in dem Text indirekt die Hungerblockade gegen Gaza und rechtfertigt die Aussetzung der Hilfszahlungen durch Österreich an die UNWRA.

Frau Sutter, ich rate Ihnen, machen Sie sich schlau! Informieren Sie sich bei Amnesty International. Lesen sie die Berichte der UN über die unmenschlichen Lebensbedingungen in Gaza. Schauen sie hin, was in GAZA passiert, und überlegen Sie, ob Sie einen Völkermord wie diesen tatsächlich rechtfertigen wollen.

Ich meinerseits muss sagen: Eine Frau wie Sali Attia, die für Menschenrechte einsteht, die sich aktiv für die Anerkennung gleicher sozialer und demokratischer Rechte in Österreich und international einsetzt, die gegen Krieg aufsteht und für die österreichische Neutralität einsteht, repräsentiert die Grundwerte, die in der österreichischen Verfassung formuliert werden weitaus besser als all jene Politiker:innen, die die sich wissentlich hinter Kriegsverbrecher wie Netanjahu stellen und den Völkermord an den Palästinenser:innen unterstützen.

In der Hoffnung auf viele rassismusfreie Jahre, wollen wir alle, die bereits einmal den Schritt gemacht haben, mit ihrer Stimme für die Liste GAZA ein Zeichen für eine gerechtere Welt zu setzten, ermutigen, auch bei den Wahlen in Wien diesem Kompass zu folgen.

Irina Vana, Kandidatin der Liste Gaza bei den Nationalratswahlen 2024