Gerichtsurteil bestätigt Rechtswidrigkeit

von Kilian Paula, Palästina Solidarität Kärnten

Das Verwaltungsgericht Wien hat in einem wegweisenden Urteil die polizeiliche Auflösung des Palestine Solidarity Encampment an der Universität Wien am 8. Mai 2024 für rechtswidrig erklärt. Die Entscheidung ist eine schallende Ohrfeige für die Landespolizeidirektion Wien, die einmal mehr gezeigt hat, dass sie sich über demokratische Grundrechte hinwegsetzt. Der Versuch, eine friedliche Versammlung mit absurden Vorwürfen zu kriminalisieren, ist krachend gescheitert. 

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Österreichs Polizei: Wieder einmal über dem Gesetz? 

Das Protestcamp war eine deutliche Stellungnahme gegen die Menschenrechtsverletzungen Israels in Gaza – ein Anliegen, das von der österreichischen Regierung systematisch unterdrückt wird. Statt den Schutz der Versammlungsfreiheit zu gewährleisten, stürmten schwer bewaffnete Polizeieinheiten das Camp mitten in der Nacht, zwangen die Teilnehmer:innen binnen Minuten zur Räumung und zerstörten persönliche Gegenstände. Der Vorwand? Vage Anschuldigungen, die auf keinerlei belastbare Beweise gestützt wurden. 

Besonders perfide war der Versuch, die Versammlung durch die bloße Verwendung von Begriffen wie „Intifada“ oder „From the River to the Sea“ in die Nähe von Terrorismus zu rücken. Das Verwaltungsgericht entlarvt diese Argumentation jedoch als haltlos und an den Haaren herbeigezogen. In Absatz 4.1.8 des Urteils heißt es klar: 

„Anhaltspunkte dafür, dass mit Versammlungsteilnehmern […] Gespräche zu den hinter den verwendeten Begrifflichkeiten ‚From the River to the Sea, Palestine will be free‘ bzw. ‚STUDENT INTIFADA CAMP‘ stehenden Intentionen geführt worden waren, sind in der Beschwerdesache nicht hervorgekommen.“ 

Die Polizei ging also ohne weitere Überprüfung davon aus, dass diese Parolen automatisch eine Sympathiebekundung für die Hamas darstellen – eine rechtlich nicht haltbare Unterstellung, wie das Gericht feststellte. 

In den Urteilsfeststellungen wird zudem darauf hingewiesen, dass die Polizei mit dem Erlass des Bundesministeriums für Justiz vom 30.11.2023 argumentierte, der das öffentliche Skandieren der genannten Parole unter bestimmten Umständen als problematisch einstufte. Doch selbst in diesem Erlass heißt es ausdrücklich, dass eine Prüfung im Einzelfall notwendig sei, um die konkrete Intention der Äußernden festzustellen. Diese Prüfung fand jedoch nicht statt. 

Das Verwaltungsgericht stellt daher unmissverständlich klar, dass weder die Verwendung dieser Begriffe noch die Versammlung selbst eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstellte. 

Protest ist kein Terrorismus – sondern moralische Pflicht 

Nachdem mittlerweile selbst Organisationen wie Amnesty International zu dem Schluss kommen, dass in Palästina ein Völkermord vonstattengeht, muss den Menschen klar werden, dass ein Protest gegen das Vorgehen der IDF nicht als Unterstützung terroristischer Vereinigungen oder Gutheißung terroristischer Straftaten gewertet werden darf. 

Im Gegenteil: Wer gegen diese Kriegsverbrechen, die Besatzung und die systematische Zerstörung von Palästina aufsteht, handelt nicht radikal, sondern moralisch verantwortungsbewusst. Die Menschen, die sich an Aktionen wie dieser beteiligen, treten für menschliche Moral ein. 

Jene, die das nicht tun, sollten sich ernsthaft fragen, ob es nicht erstrebenswert wäre, sich auch gegen Krieg, Besatzung, Zerstörung und Genozid auszusprechen. In einer Zeit, in der das internationale Völkerrecht mit Füßen getreten wird, braucht es nicht weniger, sondern mehr Stimmen, die sich gegen diese Verbrechen erheben. 

Österreichs blinder Gehorsam gegenüber Israel 

Dieses Urteil entlarvt nicht nur die Willkür der Polizei, sondern auch die politische Linie Österreichs, das sich konsequent gegen jegliche Solidarität mit der palästinensischen Bevölkerung stellt. Die Kriminalisierung von Protesten, die auf Menschenrechtsverletzungen aufmerksam machen, reiht sich ein in eine lange Tradition österreichischer Außenpolitik: bedingungsloser Schulterschluss mit Israel, selbst auf Kosten der eigenen demokratischen Prinzipien. 

Während Universitäten weltweit ihre Kooperationen mit israelischen Institutionen hinterfragen, hält Österreich eisern an seiner Unterstützung fest. Die Forderungen der Studierenden nach einer Entmilitarisierung der Wissenschaft, einem Stopp von Investitionen in Waffenfirmen und einer transparenten Hochschulpolitik wurden nicht nur ignoriert, sondern mit brutaler Polizeigewalt beantwortet. 


Ein Urteil mit Signalwirkung 

Das Verwaltungsgericht hat nun unmissverständlich klargestellt: Diese Repression war rechtswidrig. Die Polizei hat gegen die Versammlungsfreiheit verstoßen und wird dafür zur Rechenschaft gezogen. Doch dieses Urteil muss mehr sein als eine bloße juristische Bestätigung – es ist ein Aufruf zum Widerstand gegen den autoritären Polizeistaat, der sich in Österreich immer weiter etabliert. 

Statt sich kritiklos an Israels Kriegsverbrechen zu beteiligen und legitime Proteste im Keim zu ersticken, muss Österreich endlich seine Verantwortung wahrnehmen: für demokratische Grundrechte, für eine unabhängige Justiz und für das Recht auf Widerstand gegen Unrecht – egal, wo es geschieht.