Eine politisch-mediale „Watchlist“ zur Schaffung von Feindbildern
Zur Erinnerung: Kurz nach den Wahlen tauchte die „Liste GAZA“ plötzlich auf der so genannten „Islam-Landkarte Österreich“ auf, die wir im Wahlkampf als Instrument der Stigmatisierung und Diffamierung zivilgesellschaftlicher, muslimischer Vereine kritisiert hatten und deren Beendigung wir forderten.
Die Tatsache, dass die Liste Gaza auf dieser Islam-Landkarte auftauchte, unterstreicht die politisch-mediale Funktion der Liste als „Watchlist“ für unliebsame Meinungen. Denn die Liste Gaza ist eine Liste, eine Plattform, die Menschen unterschiedlichster (auch religiöser) Herkunft vereint, um gegen die Unterstützung des Völkermords in Palästina durch die österreichische Regierung aufzustehen, und die gleiche demokratische Rechte für alle einfordert.
Ein Teilerfolg: Löschung des Eintrags
Der Eintrag zur Liste GAZA auf der so genannten „Islam-Landkarte“ wurde vergangenen Mittwoch (26.2.2025), nachdem wir die Betreiber:innen Anfang Februar dazu aufgefordert hatten, ohne weitere Erklärungen entfernt. Wir forderten in unserem Schreiben eine Löschung des Eintrags oder zumindest Belege für die haltlosen Behauptungen und Definitionen, die auf der von der Universität Wien mitbetriebenen Karte gemacht wurden, wie es wissenschaftlichen Standards entspricht. Der Liste GAZA wurde auf der „Islam-Landkarte“ zugeschrieben, sie sei „islamistisch/linksextremistisch“ unterhalte „Kontakte ins ‚islamische Ausland‘“ und würde mittels “Emotionalisierung der muslimischen Bevölkerung” Politik zu machen.
Die Gefahr: Weitere Einschränkung demokratischer Rechte
Auch wenn es für alle palästina-solidarischen Menschen und natürlich Liste GAZA ein Teilerfolg ist, dass die Liste GAZA von der Landkarte gelöscht wurde, untermauert es, wie willkürlich und haltlos die Beschreibungen der unterschiedlichen Organisationen auf der Islam-Landkarte allgemein sind. Wie wenig recherchiert und ideologisch begründet die dort produzierten „Fakten“, durch welche die dort gelisteten Organisationen zur Zielscheibe politischer Repression gemacht und unter einen Generalverdacht anti-demokratischer Gesinnung gestellt werden. Damit bestätigt sich, dass die Islam-Landkarte nicht dem Erkenntnisgewinn über die religiöse Vielfalt in Österreich dient, wie auf der Seite behauptet wird, oder den Diskurs fördert, sondern zur Stigmatisierung muslimischer zivilgesellschaftlicher Vereine und Moscheen beiträgt. Diese werden als Feindbild aufgebaut und zur Zielscheibe antidemokratischer Maßnahmen, wie Einschränkungen des Versammlungsrechts und der Meinungsfreiheit. Auch das neue türkis-rot-rosane Regierungsprogramm lässt dahingehend keine Besserung erwarten. Ungeachtet der Tatsache, dass Muslim:innen zu den in Österreich am stärksten von Rassismus und Vorurteilen betroffenen Menschen gehören (wie der Bericht der FRA untermauerte), werden sie in dem vorliegenden Regierungsprogramm weiterhin als „Gefahr“, als Urheber:innen antidemokratischer, antisemitischer, gewaltsamer Verhaltensweisen geframed.
Die Islam-Landkarte wurde im Jahr 2021 im Auftrag der „Integrationsministerin“ Susanne Raab (ÖVP) von dem an der Universität Wien angesiedelten Institut für islamisch-Theologische Studien und Islamische Religionspädagogik, in Kooperation mit der „Dokumentationsstelle Politischer Islam“ aufgesetzt. Diese zeichnet auch verantwortlich für die demokratiepolitisch höchst bedenkliche, den Verboten pro-palästinensischer Veranstaltungen zu Grunde gelegte Argumentation der Polizei, wonach der Spruch „From the river to the sea, palestine will be free“ und analog dazu auch der Spruch „From the river to the sea, all people will be free“ Ausdruck eines Vernichtungswillens wären.
Eben jene „Dokumentationsstelle“ soll nun, laut Regierungsprogramm, weitreichendere Kompetenzen erhalten. Ihre Aufgabe wird unter anderem die „Wissenschaftliche Erhebung und Erstellung zielgruppenspezifischer Maßnahmen, […]zu Antisemitismus im rechts-, linksextremen und islamistischen Milieu“ sein.
Wir erwarten nicht, dass eine türkis-rot-rosa Regierung den anti-demokratischen Kurs in Österreich gegen die Palästinabewegung, gegen Menschen, die sich gegen einen genozidalen Krieg und gegen Apartheid und Unterdrückung aussprechen, beenden wird. Erinnern wir uns: Es war die Sozialdemokratische Partei, die in Wien ein weitrechendes Verbot von BDS durchsetzte.
Unser Kampf für demokratische Rechte und gegen die Stigmatisierung politisch aktiver Muslim:innen und die Diffamierung der Palästina-Bewegung bleibt aktueller denn je! Weg mit der Islam-Landkarte und dem der politischen Diffamierung und Illegalisierung dienenden Instrument der Regierung „Dokumentationsstelle Politischer Islam“.