Ein Erlass des Justizministeriums, wonach der Ausspruch „From the river to the sea, palestine will be free“ als Gutheißung terroristischer Straftaten zu interpretieren ist, hat für eine Welle der Empörung gesorgt. Zahlreiche rechtschaffende Bürger:innen, die sich ein freies Palästina in Frieden und Sicherheit für alle Menschen (unabhängig ihrer Religion, Weltanschauung oder Herkunft) wünschen, wurden vor den Strafrichter gestellt. Über ihnen wurde die Keule des Terrorismus geschwenkt, irgendwas würde wohl hängen bleiben oder zumindest die Betroffenen einschüchtern.
Die Justiz bemühte zahlreiche Verfahren; darunter gegen Alleinerziehende, Pensionist:innen, Schüler:innen und Student:innen. Alle diese haben eines gemeinsam: den tiefen Wunsch nach Frieden, Freiheit und Sicherheit für Palästina. Wie kann es sein, dass ein Rechtstaat diesen Menschen generaliserend vorwirft, dass sie Terrorismus gutheißen würden? Seit wann meint man mit dem Wort „Freiheit“ denn „Terror“? Eine Umkehr der Realität.
Dennoch zeigte der Rechtsstaat Flagge. Er ließ sich von den politischen Zuflüsterern nicht irritieren und stellte nach individuellen Ermittlungsverfahren beinahe alle ein. Selbst verwaltungsrechtlich gab es Erfolge; so erkannte ein österreischischen Landesverwaltungsgericht, dass der Ausspruch nicht per se verboten sei.
Diese Botschaft kam bei vielen Menschen, die bereits den Glauben an den funktionieren Rechtstaat verloren hatten, einem Hoffnungsschimmer gleich. Es gibt sie ja doch, die Staatsanwält:innen und Richter:innen, die Verfassung und Grundrechte, ihren Eid und den demokratischen Rechtsstaat ernst nehmen.
Mit der Absicht, ihrem politischen Unmut über die Kriminalisierung der Palästinasolidarität, die zunehmende Polizeistaatlichkeit sowie die Indienstnahmeversuche gegenüber den Staatsanwaltschaften Ausdruck zu verleihen, versammelte sich am 2. September diesen Jahres eine kleine Gruppe vor dem Justizministerium. Die Versammlung wurde ordungsgemäß angemeldet und wurde vor dem geschichtsträchtigen Gebäude des Bundesministeriums für Justiz abgehehalten. Dem Aufruf folgten Bürger/innen aller Schichten; darunter Künstler:innen, Jurist:innen, Selbstständige.
Heute wird ihnen die Rechnung dazu präsentiert. „Ladung als Beschuldigte im Ermittlungsverfahren“ ist der Titel der Schreiben, die die Teilnehmer:innen nunmehr in ihren Postfächern vorfinden? Wieso? Weil sie „Terrorismus gutheißen“ würden? Die Wahrheit ist, sie haben ihr Recht, sich zu versammeln und ihre Meinung zu äußern, wahrgenommen. Sie sind das, was ein autoritäterer Staat am Wenigsten braucht: mündige Bürger:innen mit Zivilcourage. Mit „Terrorismus“ hat dort niemand etwas zu tun. Aber die Verfolgung gehorcht einem Schema: Repression, Einschüchterung und Fehlinformation. Wachsam sein und den Anfängen wehren – das ist das Gebot der Stunde!
Marko B.