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Unsere Stimme gegen die Vernichtung der Palästinenser Nordgazas erheben


23. November 2024

Bericht Infoveranstaltung

Am Mittwoch, den 20.11.24 fand in den Räumlichkeiten der Palästinensischen Gemeinde in der Wiener Kegelgasse 25 eine Infoveranstaltung über die extreme Situation in Nordgaza statt.

Es ging darum aufzuzeigen, dass die koloniale Vernichtungsmaschinerie der Israelis in Nordgaza eine bisher nicht gekannte Form angenommen an – nämlich die der buchstäblichen Vernichtung der verbliebenen rund 65.000 Palästinenser, nicht nur durch direkte Gewalt, sondern auch durch Verdursten und Verhungern. Selbst in der israelischen Darstellung geht es nicht mehr um das vorgeschobene Argument der „Hamas“, sondern nur mehr um die koloniale Inbesitznahme und die vollständige Vernichtung der palästinensischen Einwohner Nordgazas.

Shadi Abu Daher ist ein aus dem Flüchtlingslager Jabaliya in Nordgaza stammender Arzt und Vorsitzender der Palästinensischen Ärzte und Apotheker in Österreich. Er hält persönlichen Kontakt zu vielen Menschen dort, organisiert Hilfe und ist insbesondere mit dem örtlichen Gesundheitswesen im Völkermordgebiet verbunden – das die Besatzungsarmee zu einem besonderen Ziel erklärt hat.

Über hundert Familienangehörige an Shadi durch den Völkermord verloren, viele in den letzten Wochen. Hier Bilder der kürzlich Ermordeten.

Nur der 7-jährige Neffe überlebte als Vollwaise, auch alle Onkeln und Tanten wurden ermordet

Sein Neffe wurde von Besatzungssoldaten auf der Straße angeschossen. Seine Verletzungen hätten nicht zum Tod führen müssen, doch Rettung war nicht möglich, denn die kolonialen Schlächter vereitelten jegliche Annäherung von Helfern, die ebenfalls beschossen wurden. Der junge Mann verblutete nach sechs Stunden. Viele Leichen können deswegen nicht geborgen und begraben werden, insbesondere wenn sie unter dem Schutt der Wohnhäuser liegen. Shadi verzichtete indes auf Bilder, die zu großes menschliches Leid zeigen.

Israel zerstört insbesondere zivile Wohnhäuser, um die Menschen zu töten und die Überlebenden zur Flucht zu zwingen. Doch viele leisten Widerstand in dem sie unter den unmenschlichen Bedingungen trotzdem bleiben. Shadi zeigt das Bild des Wohnhauses seiner Familie in Jabaliya, das vor kurzem von den Besatzern dem Erdboden gleichgemacht wurde.

Shadi hat versucht, seinen Freund Dr. Mohammad Mostafa Salha, Direktor des Al-Awda-Krankenhauses im Jabaliya-Flüchtlingslager, live zur Veranstaltung zuzuschalten. Das erwies sich unter den Bomben als nicht möglich. Doch Dr. Salha schickte eine Botschaft, die in vielen kleinen Teilen übertragen werden musste.

Trotz der systematischen Bombardements aller Einrichtungen der Gesundheitsversorgung, dem Fehlen von Treibstoff, Strom und medizinischem Material, der absichtlichen Tötung großer Teile des Personals, machen die verbliebenen Gesundheitsarbeiter weiter. Selbst Operationen werden unter diesen unmenschlichen Bedingungen noch durchgeführt.

Auch Ambulanzen werden systematisch beschossen. Zudem fehlt es an Fahrzeugen, Treibstoff und Fahrern. Die Menschen helfen sich selbst und transportieren Verletzte (hier mit Infusion) auf einem Pferdewagen ohne Pferd.

Größte Waffe ist mittlerweile aber der Durst und der Hunger. Gerade deswegen halten sich viele Menschen um die zerstörten Krankenhäuser auf, weil es dort noch bessere Chancen auf Trinkwasser gibt. Auch dort werden sie bombardiert. Das Brunnenwasser ist verschmutzt und versalzt (durch die starke Wasserentnahme der Israelis). Es ist zum Trinken nicht geeignet. Es muss dennoch oft getrunken werden. Die Israelis haben jegliche Lebensmittelzufuhr unterbunden. Die Menschen leben von Dosen und Reserven. Hunger, Unterernährung von Verhungern insbesondere von Kindern breiten sich aus.

Dr Sami Ayad, Vorsitzender der Palästinensischen Gemeinde

Die aus Tirol stammende Krankenschwester Mariam El Abbassi berichtete von ihren kürzlichen Hilfseinsätzen in Nordgaza und der völligen Willkür der Besatzer. Vom Beschuss auch der als UN gekennzeichneten und angemeldeten Konvoys. Vom stundenlangen Warten, das die Helfer immer wieder zum Rückzug trotz unverrichteter Dinge zwingt. Selbst Müsliriegel wurden den internationalen Helfern abgenommen, dass sie sie den Palästinensern nicht geben können, wie Mariam berichtete. Israel missachte systematisch das humanitäre Kriegsvölkerrecht.

Ihr Fazit: Angesichts der systematischen westlichen Unterstützung für den Völkermord ist es für Mariam das wichtigste, dass wir unsere Stimme erheben und die Menschen hier wachrütteln.

Die Journalistin Nicole Schöndorfer fasste das Großverbrechen in Zahlen, klagte die absichtliche Verdrehung durch die westlichen Medien an und wies auf den Widerstand des palästinensischen Volkes hin, der hier kriminalisiert würde, der aber eine unverrückbare Realität sei und es den Besatzern verunmöglicht ihr Ziel zu erreichen – die vollkommende ethnische Säuberung Palästinas. Hier ihr Bericht.

Willi Langthaler, der Moderator, forderte zum Abschluss nochmals dazu auf, nicht aufzuhören am Lügengebäude des herrschenden Systems zu rütteln und den Widerstand gegen den Völkermord öffentlich zu artikulieren. Eliten, die so ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit organisieren, können sich nicht ewig halten – das hat insbesondere auch die europäische Geschichte gezeigt. Zuerst wird der Unterbau brüchig, dann erst stürzt das Gebäude des globalen (neo)kolonialen Regimes ein mitsamt der demokratischen Fassade von Menschenrechten & Co ein. Die Risse sieht man erst später, aber sie sind jetzt schon da.

Die Veranstaltung wurde von der „Initiative Palästina Solidarität“ angestoßen und mit Unterstützung der „Palästinensischen Ärzte und Apotheker in Österreich“, „Handala“, „Palästinensische Gemeinde Österreich“, „Antiimperialistische Koordination“ sowie „Frauen in Schwarz Wien“ im Rahmen der Dachorganisation „Palästina Solidarität Österreich“ durchgeführt.

Rechtsanwältin Adrid Wagner

Auf Anfrage kann diese auch an anderen Orten organisiert werden: info@palaestinasolidaritaet.at

Dank an die Fotografin Stefanie Steindl und an die Palästinensische Gemeinde, die den Raum zur Verfügung gestellt hat.

Willi Langthaler