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Der Falter warnt davor, dass zu harte Repression die antizionistische Position stärken könnte


12. Oktober 2024

Von der Rettung zionistischer Framing-Macht und liberalen Phantastereien

Nachdem der für Österreich historisch einzigartige Palästina-Kongress am 5./6.10.24 mit vielen Hundert Teilnehmern von den zionistischen Pressuregroups nicht verhindert werden konnte, entschieden sich die Medien dafür, ihn zu verschweigen. Eine übliche Methode. Lediglich Servus-TV machte einen kurzen Fernsehbeitrag, mit dem obligaten Framing aus der Propagandaabteilung der Besatzungsarmee.

Umso bemerkenswerter, dass Nina Brnada vom Falter aus der Reihe tanzte: sie setzte sich sogar mehrere Stunden ins Publikum und hörte zu. Unerhört. Das ist uns seit vielen Jahren Qualitätsjournalismus nicht mehr passiert. Für die üblichen Verleumdungen gibt es ein vorgekautes Regime-Toolkit, das einem von der konkreten Beschäftigung mit der Sache enthebt.

Fr Brnada kommt zudem zu Erkenntnissen, die aus der Kreisky-Zeit stammen könnten: „Österreich könnte nämlich, aufgrund der politischen Neutralität, ein Ort des Dialogs sein. Wo sind die Foren, in denen für gewöhnlich die großen Fragen diskutiert werden, wo die Ministerien, die eine Palästina-Konferenz organisieren, wo diskutiert wird, wie Sicherheit, gleiche Rechte und Frieden für Israelis und Palästinenser möglich wären?“

Hanin Zoabi (rechts), ganz links Amira Hass, in der Mitte Marco Wanjura ©StefanieJSteindl

Sie erkennt an, dass bei der Konferenz „Expertinnen wir Amira Hass“, Haaretz-Journalistin oder „Haneen Zoabi“, eine ehemalige Knesset-Abgeordnete, anwesend waren, die alle „allemal hörenswert“ seien. Im Vergleich zur sonstigen Hetze und Hasskampagne ist das schon sehr viel.

Doch das Wichtigste passt nicht – das Framing: „Kritische Geister wie diese beiden Frauen müssen raus aus der Schmuddelecke. Sie verdienen ein Framing, das eine echte und hochwertige Debatte ermöglicht.“

Brnada möchte die beiden nicht „in einem Favoritner Depot“, sondern „im Burgtheater in der Wiener Innenstadt“ sehen. Das ist gut so. Aber, sie will sie auch aus dem Kontext reißen, aus der Bewegung der Palästina-Solidarität und der Breite der palästinensischen und internationalen Solidaritätsbewegung entnehmen.

So behauptet sie einfach: „Die Nahost-Debatte wurde ein Jahr nach dem Hamas-Massaker weitestgehend von Radikalen beider Seiten gekapert, die an vernünftigen Gesprächen nicht interessiert sind.“ Wahr ist, dass nur das radikalzionistische Narrativ zugelassen wird. Das unterdrückte demokratisch-antikoloniale Programm subsumiert sie unzutreffend symmetrisch ebenfalls unter „radikal“. Die Herrschaftsstruktur Kolonialisten-Unterworfene wird verdeckt. Ihre Idee: Man solle ein paar palästinensische und vielleicht auch propalästinensische jüdische Stimmen doch zulassen und sie ins Regime-Narrativ einbauen. Damit, meint sie wohl, könne der Zionismus mit der unglaubwürdig gewordenen Lügenformel „jüdisch und demokratisch“ vielleicht Kredit zurückgewinnen. Nichts anderes ist mit dem richtige „Framing“ gemeint.

Damit sagt sie eigentlich: Wenn wir, also die herrschenden Eliten, weiterhin die Palästina-Solidarität so unterdrücken, dann wird sie sich nur noch weiter ausbreiten. Und das muss durch eine Lockerung des Meinungsdiktats und Teilintegration verhindert werden.

Sonst kommen die üblichen Verleumdungen oder launiges Geschimpfe, um ihre Treue zum Regime unter Beweis zu stellen, ohne die ein Artikel im Falter wohl nicht erscheinen darf:

„dubios“ – einfach einmal so dazwischen gestreut

„Selbstbeweihräucherung“ – weil wir auf außerordentliche Breite, Tiefe, Größe und Diversität der Veranstaltung um Gegensatz zum kontextfreien und kanonisierten Regime-Narrativ hingewiesen haben?

„erfolglos“ – bezogen auf die Liste GAZA

„sogenannter“ Palästina-Kongress

„Kufiya-Parade“

„amateurhaft“ – nachdem uns alle Säle verweigert wurden und wir in „eine Lagerhalle, die gewöhnlich für Hochzeiten türkischer Familien genutzt wird“ ausweichen mussten

„Anti-Apartheid-Pathos“ – im Klartext: ein Palästina ohne Kolonialismus und Apartheid, wie der Untertitel des Kongresses lautet, ist pfui. Gleiche Rechte für alle soll Anathema bleiben. Zwar hat Brnada sich nicht getraut den obligaten Vorwurf des Antisemitismus nachzubeten, aber der kommt normalerweise an dieser Stelle. Das ist wohl bei der Anwesenheit so zahlreicher antizionistischer Jüdinnen und Juden auch gegen ihr Ethos gegangen.

Doch Brnadas Idee, die Unterstützung für das genozidäre zionistische Projekt etwas zu verdecken und gelenkte palästinensische Meinungsäußerung zuzulassen, liegt nicht auf der herrschenden zionistischen Linie des Endsiegs gegen die Palästinenser, nämlich auch nicht auf jener ihrer westlichen Unterstützer. Kein geringerer als der antidemokratische Hardliner und Parlamentspräsident Sobotka hat angesichts einer ganz seltenen ORF-Debatte zwischen einem israelischen Armeesprecher und palästinensischen Botschafter in Österreich am 7.10.24 die Linie bekräftigt: keine palästinensische Stimme im ORF! Der Völkermord darf nicht in Frage gestellt werden!

Wir wissen aus der Geschichte wie Endsiege in einem Vernichtungskrieg ausgehen können.

Wir treten für die südafrikanische Lösung ein. Und wir werden damit immer mehr und hörbarer. Auch das hat der Palästina-Kongress gezeigt, wie man auch an dem Falter-Kommentar sieht.

Wilhelm Langthaler