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Hetze aus allen Kanonen – der Versuch, eine Kampagne gegen den Palästinakongress zu initiieren


24. September 2024

Im Oberösterreichischen Volksblatt erschien am 18. September 2024 ein Artikel, dessen vielsagender Titel Israel-Hasser & Hamas-Freunde zu Wiener Kongress eingeladen (https://volksblatt.at/politik/aussenpolitik/israel-hasser-hamas-freunde-zu-wiener-kongress-eingeladen-1497280/) schon verrät, worum es dabei geht: Es soll eine Hetz-Kampagne gegen den für 5./6. Oktober geplanten Palästinakongress (https://palaestinakongress.at/) losgetreten werden, mit dem letztendlichen Ziel, den Kongress zu verhindern. Das Oberösterreichische Volksblatt versteht sich als christlich-sozial und ist Parteizeitung der ÖVP. Seit Jänner 2024 erscheint es nur noch online. Durch Inserate des Landes Oberösterreich werden fleißig öffentliche Gelder in die ÖVP gepumpt. 295.000 Euro waren das in nur fünf Monaten des Jahres 2023, trotz des bloß monatlichen Erscheinens (https://www.wienerzeitung.at/a/wie-das-land-ooe-eine-oevp-zeitung-mit-steuergeld-erhaelt). Es kann also davon ausgegangen werden, dass der Artikel den Interessen eines Teils der Regierenden entspringt.

Der Artikel quillt über vor hetzerischem Inhalt. 17 Mal wird „Hamas“ in einen Zusammenhang mit dem Kongress gebracht: Er quillt über von „Hamas-Freunde“, „Hamas-Slogan“, „Hamas-Lastigkeit“, „Hamas-Terroristen“, „Hamas-freundlich“… Der Angriff gilt dem Kongress, der allerdings über die Palästina Solidarität Österreich ins Visier genommen wird. Eine Kundgebung der PSÖ vor dem Justizministerium gegen die Kriminalisierung der Palästinasolidarität etwa durch den Erlass zur Parole „From the river to the sea, Palestine will be free“, der die Staatsanwaltschaften per Weisung verpflichtet, wegen „Gutheißung terroristischer Straftaten“ zu ermitteln wird dabei zur zentralen Achse, die Unterbindung des Kongresses zu fordern. Zur Erinnerung: Am 11. Oktober 2023 war eben jene Parole zum Anlass einer Kundgebungsuntersagung geworden, mit der gegen das demokratische Recht auf Versammlung verstoßen wurde. Trotz aller Klarstellungen, dass die historische Forderung palästinensischen Selbstbestimmungsstrebens im Namen der Herstellung eines Zustandes von Demokratie und Menschenrechten für alle gemeint ist. In der Tirade des Volksblattes wird der Slogan, obwohl in keinster Weise verboten, mit der PSÖ und einem Foto der Demo vor dem Wiener Justizministerium verbunden: „Lassen die Behörden das zu?“, wird sicherheitspolizeiliches Einschreiten gefordert. Die PSÖ trete mit „verbotenem Hamas-Slogan“ auf, das Justizministerium habe mit seinem Erlass den Slogan „für strafbar erklärt“, „denn dabei handelt es sich um die zentrale Kampfparole der Hamas, die Israel das Existenzrecht abspricht“. Diese Behauptungen sind schlichtweg falsch, dennoch wird ein „Meinungsverbot“ gefordert: „Die PSÖ-Aktivisten berufen sich auf das Grundrecht auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit, das freilich kein absolutes ist und jedenfalls nicht Propaganda für eine Terrororganisation und die Auslöschung eines demokratischen Staates einschließt.“ Damit wird der PSÖ, dem Kongress oder den Aktivisten vorgeworfen, Terror-Propaganda zu betreiben. „Nicht nur deshalb stellt sich die Frage, ob eine verbotene Parolen verbreitende Organisation einen Palästina-Kongress ausrichten darf“. Es handelt sich nicht um eine verbotene Parole, sondern um eine, die von den Regierenden zum Anlass genommen wird und in Bezug auf die per Erlass die Staatsanwaltschaften in den Dienst genommen werden, um die Palästinasolidarität zu kriminalisieren. Es handelt sich um den Versuch, Demokratie einzuschränken und die Justiz der Polizeistaatlichkeit zu unterstellen, einen Generalverdacht zu formulieren. 

Da der Kongress nicht direkt attackiert werden kann und sich mit anerkannten Referent:innen und thematischer Breite klar im Rahmen der demokratischen Rechtsstaatlichkeit bewegt, soll alles „diffamiert“ werden, was sich konstruieren lässt. Eingeschossen wird auf den Titel: „Schon der Titel […] lässt erahnen, dass dort kaum die Suche nach israelisch-palästinensischer Entspannung im Zentrum stehen wird: ‚Palästina Kongress Wien – Für ein freies Palästina ohne Kolonialismus und Apartheid!‘“ In anderen Worten wird die jedem Friedensbemühen vorangehende Forderung nach Gleichheit, als „gewaltverherrlichend“ gewertet: Entspannung könnte es nur unter Kolonialismus und Apartheid geben – wahrlich eine Orwellsche Umkehr. Dem Kongress wird daher Hamas-Nähe vorgeworfen. Behauptet wird, dass der „Terrorüberfall der Hamas auf Israel“ „für die gegenwärtige Tragödie im Gazastreifen“ „ursächlich“ wäre und nicht „Israels Gegenoffensive“. „Palästinensische Mörderbanden“ sind die Ursache für eine „Tragödie“? Halten wir fest: Israel verübt in Gaza einen Völkermord. Israel besetzt Palästina seit über sieben Jahrzehnten, es handelt sich um eine seit Jahrzehnten verfolgte Strategie, einen ethnonationalistischen jüdischen Separatstaat zu errichten, der die Palästinenser:innen aus Gaza und Westbank vertreibt und dieses Land in Besitz nimmt. 

Außerdem zielt der Artikel auf das breite und starke Unterstützungsnetzwerk des Kongresses, das durch überbordende, extreme und überschießende Vorwürfe eingeschüchtert werden soll: „Extra pikant: Prominente christliche Vertreter geben ihren Namen für diesen Event her.“ Namentlich angegriffen wird der emeritierte Bischof der altkatholischen Kirche, Bernhard Heitz, auch Ferdinand Kaineder, Präsident der Katholischen Aktion. Es sei nicht überraschend, dass die Anwältin Astrid Wagner den Kongress unterstütze, angesichts „deren Engagements für die ebenfalls einschlägig aktive und von der PSÖ beworbene Gaza-Partei“. Auch hier soll wieder eine Querverbindung geschlagen und Kontaktschuld beschworen werden. 

Eine Auswahl an Referent:innen beim Kongress wird gezielt angegriffen, so etwa Azzem Tamimi, der in die Nähe der Muslimbrüderschaft gerückt wird und dessen Thesen als Indizien einer Terrorbefürwortung herangezogen werden. Dass „der Werbung für den Kongress auf der PSÖ-Homepage diese Informationen natürlich nicht zu entnehmen“ sind, wird als weiteres Indiz für eine angebliche Terrorunterstützung gewertet. Ebenso wird der „ultralinke griechische Ex-Finanzminister Yanis Varoufakis“ attackiert, der es gewagt habe, „die überfallene Ukraine mit Terroristen auf eine Stufe“ zu stellen. Ebenso wird Ghassan Abu Sittah als Rektor der Universität Glasgow angegriffen, als in Nähe zu PFLP und Hamas stehend. Dann wird auf den Kongress in Deutschland verwiesen, der polizeilich abgebrochen worden sei. Ebenfalls darunter Ahmad Othman von der Palästina Solidarität Duisburg, die durch Nordrhein Westfalen verboten wurde, den man damit gemeinhin als „antisemitisch“ verunglimpfen darf.

Besondere Verve wird darauf verwendet, die jüdischen „Feigenblätter“ des Kongresses zu attackieren, die „allerdings ins israelfeindliche Konzept passen müssen“, namentlich genannt werden Andrew Feinstein und Iris Hefets. Diese werden in eine Nähe zu Antisemitismus und Extremismus gerückt. Feinstein über die sogenannten „antisemitischen Tendenzen“ Jeremy Corbyns und Iris Hefets über die Nähe zur BDS-Bewegung, die „offiziell als antisemitisch eingestuft“ sei.

Einen Tag später setzt das Oberösterreichische Volksblatt nach (https://volksblatt.at/politik/aussenpolitik/juedische-kultusgemeinde-wiener-anti-israel-kongress-unterbinden-1505443/), und bringt den NR-Abgeordneten Engelberg mit einer klaren Verbotsforderung: „Wiener Anti-Israel-Kongress unterbinden!“ Jetzt wird noch Dar al Janub ins Feld geführt, dass die Gemeinde Wien und damit die SP-Stadtregierung aktiv werden müsste, um die Grundrechte auszuhebeln: So wird die „Rathaus-SPÖ zum Handeln“ aufgefordert, „den linken und islamischen Antisemitismus“ „unter Kontrolle“ zu bekommen. In anderen Worten: Polizeistaatlich zu unterdrücken. Der Generalsekretär der Israelitischen Kultusgemeinde Benjamin Nägele, diffamiert den Kongress ebenfalls als „Event des Hasses“ und fordert auf, „alle rechtsstaatlichen Mittel“ auszuschöpfen. Abschließend wird bedauert, dass die Polizei derzeit keine rechtliche Handhabe sieht, den Kongress zu untersagen. 

Wir als Veranstalter des Palästinakongresses „Für ein freies Palästina – ohne Kolonialismus und Apartheid“ verwahren uns gegen die solcherart verbreiteten Denunziationen und Verleumdungen. Für Demokratie und Gleichheit und gegen Besatzung, Apartheid und Völkermord die Stimme zu erheben, stellt kein Verbrechen dar. Die vielgeübten Instrumente, die Solidarität mit Palästina und die Thematisierung des Anliegens einer Befreiung Palästinas zu unterdrücken und zu kriminalisieren, sind indessen stumpf geworden. Insbesonders erzzionistische Teile der ÖVP um Wolfgang Sobotka, Karoline Edstadler, Martin Engelberg und Konsorten mögen daran festhalten, dass durch Meinungsdiktat, Grundrechteaushebelung und Polizeistaatlichkeit die Stimme Palästinas zum Schweigen gebracht werden kann und die Unterdrückung von demokratischer Meinungskundgabe und wissenschaftlichem Austausch mittels Verbots und Kriminalisierung funktioniert. Doch die Offensichtlichkeit in der Einseitigkeit des österreichischen politisch-medialen Apparates bei der Unterstützung eines Völkermords hat in der demokratischen Öffentlichkeit schon längst zu einem Meinungsumschwung geführt. Die Breite und Vielfalt der Unterstützer:innen aus allen Feldern der Gesellschaft (https://palaestinakongress.at/#resolution) lässt sich nicht „hinwegschüchtern“ und „weghetzen“, „niederstrafen“ und „stigmatisieren“, die jüdischen Vertreter:innen bei dem Kongress können nicht länger als „Feigenblätter“ verunglimpft werden und die christlichen Vertreter:innen nicht länger als „verirrte Naive“. Es kann nicht mehr vonstatten gehen, die Demokratie einfach mit den alten Knüppeln von „Antisemiten“ und „Hamas-Freunden“ wegzuräumen. Die ganze überbordende Aggressivität des Hetzartikels des Österreichischen Volksblattes verrät damit vor allem die Absichten derer, die sich autoritäres Regieren wünschen. Es wird abzuwarten sein, welche Folgen dieser Versuch einer Kampagnisierung gegen einen freien Kongress zeitigen wird – das Eintreten für gleiche Rechte für Alle darf jedenfalls nicht verboten werden!