Politische Repression getarnt als Geschäftspolitik: Konto der Steirischen Friedensplattform und Palästina-Solidarität gekündigt
4. Juli 2024
Das Konto der Steirischen Friedensplattform fungierte seit 2019 gleichzeitig als jenes der Palästina Solidarität Österreich.
Vor 20 Jahren errichtete die Steirische Friedensplattform einen Girokonto-Vertrag bei der Grazer Filiale der SPARDA BANK. Die Bank war sympathischerweise genossenschaftlich strukturiert. Wir wurden also Genossenschafter. Die Wahl der Bank ging zusätzlich zurück auf eine weitere weltanschauliche Nähe. Die SPARDA war nämlich eine Gründung aus dem Umfeld der Eisenbahnergewerkschaft1. Als zudem Fritz Prechtl2, der damalige SPÖ-Nationalrat und Vorsitzender der internationalen Transportarbeiter-Föderation kraft seiner Funktion als Präsident der Eisenbahnergewerkschaft Anfang der 1980er-Jahre den Transport von 100 Kürassier-Jagdpanzern aus den Steyr-Werken an das arbeitermörderische Regime des chilenischen Diktators Pinochet verhinderte, war die SPARDA für friedensbewusste Menschen verstärkt positiv besetzt. 2017 wurde die Sparda von der Volksbank Wien AG übernommen.
Chronologie der Kündigung durch die SPARDA-Bank
Und wir waren 20 Jahre lang zufriedene Kunden. Bis Anfang April 2024. Da teilte mir die für unser Konto zuständige Bankbetreuerin per Telefon mit, dass sie unser Vereinskonto auf mögliche Geldwäsche- und Terrorfinanzierungs-Transaktionen überprüfen müsse und sie dafür von uns gewisse Unterlagen brauche. Ich ersuchte um eine entsprechende Information und Anforderung per Email.
Im E-mail von 10. April wurde von der SPARDA die “Übermittlung der Statuten und der Mitglieder (oder Vorstands-)liste” des Vereins sowie die Honorarnote einer Grazer Rechtsanwaltskanzlei, der wir am 4.03. 2024 als Teilzahlung für die Vertretung in Verwaltungsrecht-Beschwerdeverfahren gegen die behördliche Untersagung von drei Kundgebungen € 1.000 überwiesen hatten.
In meiner Email-Antwort vom 11. April führte ich aus: “Ich sehe hinter ihrer Forderung ein politisches Spiel unserer Bundesregierung im Kontext von deren hysterischen Komplizenschaft mit dem Apartheit- und Siedlerkolonialstaat Israel. In Deutschland geht das inzwischen so weit, dass man sogar der israelkritischen Gruppe “Jüdische Stimmen für einen gerechten Frieden in Nahost e.V.” bereits zum zweitenmal das Konto gesperrt hat.3 Wir haben keinerlei Leichen im Keller und auch keine Geheimnisse, aber ein vorauseilender Gehorsam ist uns als mündige StaatsbürgerInnen völlig fremd und nicht zumutbar. Daher werden wir uns einer demokratiegefährdeten Tendenz zu einem neuen McCarthyismus nicht einfach beugen. Wir werden am Samstagabend bei unserer nächsten Vorstandssitzung darüber beraten und Ihnen dann nächste Woche Bescheid geben. Vor unserer diesbezüglichen Antwort ersuche ich Sie aber um eine Information ihrerseits: Wir leben in einem von uns allen hochgeschätzten Rechtsstaat. In diesem werden auch die Aktivitäten von Banken auf Basis von Gesetzen, Verordnungen und Erlässen vollzogen. Wir zwei haben darüber schon einmal gesprochen. Ihre damalige Antwort war sehr unkonkret und schriftlich habe ich nichts bekommen. Ich ersuche Sie also um: 1. Die genaue Benennung jener gesetzlichen Grundlagen, auf die sich ihre Forderung gründet. Oder: 2. Die Bekanntgabe von wem unsere Sparda aufgefordert wurde, die von Ihnen gewünschten Daten von uns einzuholen.”
Per Email am 23. April teilte mir die SPARDA mit, dass das Vorgehen der Bank ihren “Verhaltensrichtlinien (Code of Conduct)” entspreche und man nur den Verpflichtungen aus dem “Finanzmarkt-Geldwäschegesetz, speziell dem §6 (1) Ziffer 6 und 7 FM-GwG, und den damit verbundenen Rundschreiben der FMA” nachkomme. Gefordert wurde erneut, diesmal aber befristet “bis spätestens 30. 04. 2024″ die Vorlage der Statuten des Vereins und die Rechnung/Honorarnote des Rechtsanwaltskanzlei. Aus der am 11. April noch zur Auswahl gestellten Übermittlung der “Mitglieder (oder Vorstands-)liste” des Vereins wurde nun aber die alternativlose Forderung nach der “Mitgliederliste”. Abschließend wurde zum erstenmal die Kontoschließung angedroht: “Sollten wir bis zum genannten Datum die genannten Unterlagen nicht vollständig erhalten, sehen wir uns gezwungen die Geschäftsbeziehung gemäß unserer AGB zu beenden.”
Per Email vom 29. April übermittelte ich die aktuellen Vereins-Statuten, die aktuelle Liste der Vorstandsmitglieder und die 1.000 €-Rechnung/Honorarnote zum Zahlungsausgang vom 04. März. Zur geforderten Mitgliederliste des Vereins führte ich zusätzlich aus: “Dieser Forderung kann ich derzeit (noch?) nicht nachkommen. So ich es nicht überlesen habe, habe ich in den von Ihnen übermittelten Links keine Formulierung gefunden, die dieses Verlangen rechtlich hinreichend begründet. Da der Vorstand für die Mitglieder unseres Vereins auch gegenüber dem Datenschutzrecht haftbar ist, sehe ich hier massive Haftungsprobleme gegeben. Ich ersuche also um die Übermittlung einer rechtlich konkludenten Begründung dieser Forderung durch die Rechtsabteilung der SPARDA-BANK – in dieser Stellungnahme muss selbstredend auch das Datenschutzrecht Berücksichtigung finden. Falls die Bekanntgabe der Identitäten unserer Mitglieder rechtlich zwingend sein sollte, ersuche ich entweder um eine Verpflichtungserklärung der SPARDA, dass die Daten nicht an Dritte natürliche oder juridische Personen weitergegeben werden, oder um eine Mitteilung, an wenn Sie diese geschützten Daten weiterzugeben beabsichtigen. Ich würde das dann rechtlich prüfen lassen.
Da ich mich inzwischen auch bei anderen politisch tätigen Vereinen umgehört habe, weiß ich, dass ihr Verlangen keineswegs üblich ist. Also vermute ich wohl zurecht, dass die Bank unseres Vertrauens hier auf Betreiben einer dritten Partei handelt. Ich denke, es wäre fair, wenn Sie uns diese Partei benennen würden, damit wir direkt mit ihr in Kontakt treten können. Sollten unsere SPARDA tatsächlich ernsthaft vorhaben unser Konto zu sperren, so ersuchen wir jedenfalls vorher um eine klärendes Gespräch mit einem/einer Vertreterin des Vorstandes der SPARDA-Bank.”
In einem Telefonat Anfang Juni forderte die Kontobetreuerin neuerlich die noch ausstehende Mitgliederliste ein. Ich machte dabei noch einmal auf die bestehende datenschutzrechtliche Problematik und die von uns gestellten Voraussetzungen aufmerksam.
Mit dem Email der Sparda vom 10. Juni 2024 erfolgte die Mitteilung der Kontoschließung per 30. Juni. “Geldwäsche” und “Terrorfinanzierung”, die für die Kontoüberprüfung ursprünglich vorgegebene Begründung für die angeforderten Unterlagen wurden nicht mehr genannt. Begründet wurde die Aufkündigung des Girokontovertrages jetzt lapidar mit “geschäftspolitischen Gründen”.
Unser Resumee
Offensichtlich ist die Steirische Friedensplattform durch ihre langjährige Palästina-Solidaritätsarbeit in das Visier der österreichischen Israel-Schutzmantelpolitik geraten. Diese hat vermutlich über die “Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst/DSN” oder die Staatsanwaltschaft Graz Druck auf unsere Bank gemacht, um am Datenschutzgesetz vorbei an die Daten unserer Mitglieder zu gelangen4.
Die SPARDA hat trotz der in ihren Verhaltensrichtlinien und Werbetexten nachzulesenden5 Werte der Kundenorientierung, Fairness und Transparenz dem Druck nicht standgehalten und nach unten weitergegeben. Wir hätten unsere datenschutzrechtlichen Bedenken über Bord werfen und die Daten unserer Mitglieder einer kafkaesk-undurchschaubaren Staatsbürokratie ausliefern sollen. Dass uns die SPARDA durch ihre Rechtsabteilung keine datenschutzrechtliche Unbedenklichkeitserklärung für eine Übermittlung unserer Mitgliederliste zukommen ließ, erachten wir als Bestätigung unserer Bedenken.
Die Antwort auf unsere Frage, wer da tatsächlich Interesse hat, unsere jährlichen Kontobewegungen6 nach Spuren der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung zu durchforsten, blieb unbeantwortet. Der bösartig-diskrete Charme der politischen Israellobby Österreichs eben?
“Wir sind die Bank der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer” schreibt die Sparda fettgedruckt in ihrer Werbung.7 Die Bank für friedensbewegte Menschen mag sie offensichtlich nicht mehr sein!
Fritz Prechtl schau oba!
Für die Steirische Friedensplattform: Franz Sölkner, Obmann (Für Rückfragen: 0677 61 39 29 90)
Daher waren die Sparda-Fialen in den großen Städten auch oft in der Nähe der Bahnhöfe. ↩︎
Das repressive Vorgehen unserer Zionismus- und Israel-Schützer scheint auch mit deutschen Behörden abgestimmt. Weil auch sie die Liste ihrer Mitglieder nicht herausrücken wollte, hat die Berliner Sparkasse vor Kurzem sogar das Konto des deutsch-jüdischen Vereins “Jüdische Simmen für einen gerechten Frieden in Nahost e.V.” gesperrt: https://www.juedische-stimme.de/berliner-sparkasse-sperrt-konto-der-j%C3%BCdischen-stimme↩︎