Im Dezember 2023 wurde der martialische Kriegsschrei des israelischen Hip-Hop-Duos Ness und Stilla zum Nr. 1-Song.
Er verströmt Hass und sogar Mordlust und stellt einen bombastischen Aufruf zur Gewalt gegen die Hamas im Gazastreifen dar. Darin ermutigt das Duo die IDF-Truppen, Feuer und Schwefel auf die Hamas und ihre Unterstützer in Gaza regnen zu lassen.
Nach dem 7. Oktober sind auch andere Lieder geschrieben worden, aber „Harbu Darbu“ ließ ihnen als einziges keine Chance und verdrängte sie alle.
Der Titel „Harbu Darbu“ ist eine aus dem Syrisch-Arabischen entlehnte Redewendung, deren wörtliche Bedeutung „Krieg und Schläge“ ist und auf Hebräisch bedeutet, einen Feind zu vernichten. Der israelische Musikkritiker Ben Shalev kommentierte am 28. Januar 2024:[1]
„Die Bewohner des Gazastreifens werden in dem Lied als ‘ein Haufen Mäuseficker, die aus dem Bau kommen’ und als ‘Söhne von Amalek’ (mit dem Geräusch eines Spießes) bezeichnet. […] Die aggressive, rasante Musik ist mit Explosions- und Schießgeräuschen unterlegt, die eine mörderische Atmosphäre und Rachegelüste erzeugen. Es ist eine seltene Pop-Energie, die deinen Körper und deine Instinkte überrumpelt.“
Zwar stammt diese richtungsweisende Pop-Power zu einem großen Teil aus dem deprimierenden Zusammentreffen von Musik und Militarismus, vermerkte Shalev, doch „scheinen junge Israelis von dem Lied begeistert zu sein, und das ohne jegliche Skrupel“.
Die Debatte darüber schaffte es bis vor den Internationalen Gerichtshof in Den Haag – es ging um die Frage, ob das Lied die Absichten Israels gegenüber den Menschen im Gazastreifen widerspiegelt, und drehte sich darum, ob der Song die Grenze zwischen einem „legitimen Ausdruck von Aggression“ – insbesondere angesichts der Ungeheuerlichkeit des Massakers der Hamas – und „einem illegitimen Aufruf zur wahllosen Tötung von Menschen im Gazastreifen als Rache für dieses Massaker“ überschreitet.
In dem Lied machen Israels See-, Luft- und Bodentruppen die Hamas fertig, während die israelische Gesellschaft am Rand steht und jubelt. Es ist ein euphorisches Ereignis, so Shalev, eine wilde Feier, ein Treffen mit den Werkzeugen der Zerstörung: den Männern, die sie benutzen, und den Frauen, die sich darüber erregen.
Der Musikkritiker schloss seine Betrachtung mit dem Vermerk, dass in derselben Woche, nach der Katastrophe des Gebäudeeinsturzes im Gazastreifen am 22. Januar 2024, bei der 21 Soldaten an einem einzigen Tag zu Tode gekommen sind, auch die Euphorie gestorben ist.
Fritz Weber, benaja [at] gmx.at
[1] Ben Shalev: “Listen: Israeli Militaristic Hit Song Urges Troops to Bomb Gaza, Threatens Bella Hadid and Dua Lipa” Ha’aretz Jan 28, 2024.
