Dalia Sarig-Fellner: “Nie wieder” bedeutet nie wieder für Alle
Schalom und Salam an alle die ihr hergekommen seid! Und Ihr seid Viele! Danke, dass wir gemeinsam ein Zeichen setzen und danke, dass ich hier reden darf.
Ich bin Dalia und ich bin Jüdin und in Wien geboren wo ich auch lebe. Mit 18 Jahren bin ich nach Israel/Palästina ausgewandert, dort war ich lange Jahre politisch aktiv – bevor ich zurück nach Österreich gekommen bin. Ich habe dort unter anderem für eine palästinensische NGO – the galilee society – gearbeitet.
Ich bin Gründungsmitglied der Initiative „Not in Our Name – Vienna“, die von einigen Juden und Jüdinnen im Dezember gegründet wurde. Seither sind wir gewachsen. Wie sind offen für jede und jeden, die/der sich uns anschließen möchte und das haben viele Menschen aus unterschiedlichen Communities bereits getan.
Wir von „Not in Our Name“ stehen an der Seite der PalästinenserInnen und der Bevölkerung im Gazastreifen. Wir verurteilen die Unterdrückung, die Ungerechtigkeit, die ethnische Säuberung und den Völkermord, denn das ist die einzig moralisch vertretbare Position.
Lasst mich die Worte von Emma Lazarus, einer jüdischen Autorin und Aktivistin zitieren:
„solange wir nicht ALLE frei sind, ist KEINER von uns frei“
Ich bin heute hier, um Euch zu ermutigen und Klarheit zu verschaffen: Denn entgegen der öffentlichen Meinung in Österreich und in Deutschland ist Antisemitismus und die legitime Kritik an der israelischen Regierung nicht dasselbe. Das sind zwei unterschiedliche Dinge! ist die
Es gibt Antisemitismus in Österreich – der richtet sich gegen Jüdinnen und Juden und kommt vor allem von den rechten Parteien und Gruppierungen. Dazu gehören auch all jene, die am Geheimtreffen in Potsdam teilgenommen haben, die FPÖ, Teile der ÖVP und die Neonazis aus Österreich, die dort auf der Rednerliste standen. Sie planen die Ausweisung Millionen Deutscher und ÖsterreicherInnen mit Migrationshintergrund. Der Rassismus dieser Gruppierungen richtet sich nicht nur gegen Juden und Jüdinnen sondern auch gegen MuslimInnen, PalästinenserInnen und gegen alle Menschen mit Migrationshintergrund. Wir stehen heute hier um ein Zeichen gegen diese verabscheuenswerte Ideologie zu setzen. Wir stehen heute hier gegen Rassismus und Antisemitismus. Wir stehen heute hier gegen jede Form der Ausgrenzung und Diskriminierung von Minderheiten.
Es sollte uns zu denken geben, dass genau jene rechten Gruppierungen und Parteien bis weit in die konservative Mitte hinein geschlossen hinter Israel stehen. Warum? Weil Israel eine rechtsradikale Regierung hat! Es geht ihnen nicht um die Verhinderung von Antisemitismus, es geht ihnen darum Schulter an Schulter mit rechtsradikalen Politiker*innen in Israel immer mehr Rassismus und Hass in der Welt zu schüren. Wir müssen zusammenstehen gegen die Rechten in Israel und hier., . Denn jeder Staat, der eine faschistische/rechte? Regierung hat, MUSS kritisiert werden.. Es ist wichtig, diese Kritik laut und deutlich zu formulieren,.
Und dass wir das unmissverständlich aussprechen, hat NICHTS mit Antisemitismus zu tun sondern mit universellen Werten und mit Menschlichkeit – es ist ein Gebot der Stunde!
Unsere Regierung steht hinter der rechtsradikalen Regierung Israels. Bei Abstimmungen der UNO für einen Waffenstillstand stimmte Österreich – das sich zu Neutralität bekennt – mehrmals gegen einen Waffenstillstand. Aber diese Regierung ist kein Freund der Juden. Bei unserem Protest im Parlament bei dem wir die Regierung dazu aufgefordert haben sich für einen Waffenstillstand einzusetzen und die Menschenrechte zu wahren – wurden wir beschuldigt einen falschen moralischen Kompass zu haben, wir sollten uns schämen weil wir uns für Menschlichkeit einsetzten. Unsere Regierung – im Besonderen die ÖVP – gibt vor, dass es ihr um den Schutz jüdischen Lebens und jüdischer Werte gehe.
Aber wie kann dann die ÖVP in Niederösterreich mit der FPÖ regieren?–
Wie kann die ÖVP mit einer Partei regieren, die von ehemaligen SS Mitgliedern gegründet wurde?
Wie kann die ÖVP miteiner FPÖ unter Udo Landbauer regieren, früheres Mitglied der Burschenschaft Germania, die ein Liederbuch herausgegeben hat mit dem Text – Zitat: „Gebt Gas ihr alten Germanen – wir schaffen die 7. Million“. ?
Ich frage Euch – Wer muss seinen moralischen Kompass neu ausrichten und wer sollte sich für solch eine abscheuliche Heuchelei schämen?
Wir von Not in our Name sind heute hier um zu sagen „Nicht in unserem Namen!“
Israel und die westlichen Regierungen haben kein Recht dazu:
Aus unserer eigenen Geschichte in Europa und dem Kampf gegen das Unrecht, das uns widerfahren ist, wissen wir, dass es wichtig ist, immer und überall solidarisch mit den Verfolgten und den Unterdrückten zu sein!
Desmond TUTU, der südafrikanische Menschrechtsaktivist hat gesagt: „Wer sich in Situationen der Ungerechtigkeit neutral verhält, stellt sich auf die Seite des Unterdrückers.”
Zum Abschluss möchte ich Euch noch von meinem persönlichen Traum erzählen. Ich träume davon, dass wir gemeinsam in einem Staat leben werden, ohne Gewalt, in dem jeder Mensch die gleichen Rechte hat und ich träume von einer Zeit in der ich nicht mehr hier stehen werde und gezwungen werde mich von etwas zu distanzieren mit dem ich nichts zu tun habe und Euch nicht erzählen muss, dass ich Jüdin bin, damit meine Worte Gewicht haben. Ich träume davon, dass jeder Mensch gleichwürdig ist und jedes Wort gleich viel Gewicht hat, ob es von einem Palästinenser/einer Palästinenserin oder einem Juden/einer Jüdin kommt.
Danke, dass Ihr mir zugehört habt!
Liebe Anwesende, ich heiße Israa und komme aus Graz und Gaza. Ich bin Studentin und seit 4 Monaten bei Graz for Palestine engagiert. Woche für Woche gehen wir seit Oktober auf die Straße, um gegen diesen Krieg zu protestieren, der vor unseren Augen passiert. In 120 Kriegstagen gibt es 100.000 getötete, verletzte oder vermisste Menschen. Auch ich selbst habe bereits über 80 Familienangehörige in diesem Krieg verloren. Mit unseren Demonstrationen, Mahnwachen, Kundgebungen zeigen wir unsere Solidarität mit dem Leidenden Menschen der Region und fordern einen sofortigen Waffenstillstand. Wir protestieren aber auch gegen die österreichische Regierung, die dreimal in der UNO und in der EU gegen einen humanitären Waffenstillstand gestimmt hat. Österreich hat als neutraler Staat somit für das Fortsetzen von Töten von Zivilisten und Zivilistinnen gestimmt.
Ich muss euch auch berichten, dass wir bei unseren Protesten auch mit Rassismus konfrontiert sind. Es gibt sehr viel Verständnis und positive Rückmeldungen. Aber wir werden auch als Islamisten beschimpft, als Kopftuchträgerinnen angefeindet, aufgefordert nach Hause zu gehen, dorthin, wo wir herkommen. Wir bekamen schon zu hören: ihr Muslime gehört gleich ausradiert wie die Leute in Gaza. Wir haben Leute in unserer Gruppe, die bereits ihre Arbeit verloren haben, weil sie ihre solidarität zu Menschen auf social Media geteilt haben, Schüler:innen, die Probleme in der Schule bekommen haben. Das ist Rassismus. Das ist eine Entwicklung, die Angst macht.
Von Anfang an war die Palästina-Solidaritäts-Bewegung in Österreich mit einer massiven Einschränkung der Meinungsfreiheit konfrontiert. Versammlungen wurden verboten, Parolen untersagt, Demo-Teilnehmer:innen wurden mit Anzeigen eingeschüchtert, Demos werden von einem massiven Polizeiaufgebot begleitet, von einer Polizeidrohne überwacht: das alles soll wohl den Eindruck vermitteln, dass wir gefährlich sind! Obwohl jede Demo seit Oktober vollkommen friedlich verlaufen ist. Wir betrachten das als eine gefährliche Entwicklung in einer Demokratie! Meinungsfreiheit ist ein Menschenrecht, wir müssen es gemeinsam verteidigen.
Heute trifft diese massive Einschränkung vielleicht besonder stark uns Palästinenser:innen, Araber:innen, Muslim:innen, Flüchtlinge und kaum jemand verteidigt uns. Aber morgen können davon noch viel mehr Menschen stark betroffen sein, wenn wir nicht aufwachen und uns nicht gemeinsam dagegen wehren. Unsere wöchentlichen Demos mit bis zu 3000 Leuten sind den Medien nur eine Randnotiz wert. Über Jahre wurde in den Medien das Bild der gefährlichen Muslime aufgebaut. Mit diesem Bild kann jetzt gut gespielt werden. Es gibt keinen großen gesellschaftlichen Aufschrei, wie mit uns umgegangen wird. Das ist Rassismus.
Weltweit gehen Millionen Menschen auf die Straße gegen diesen Krieg in Gaza. Die weltweite Solidaritätsbewegung ist getragen von jenen Menschen, die selbst genau wissen, wie sich Rassismus, Unterdrückung, Krieg anfühlt, weil sie es aus eigener Erfahrung kennen. Selbst viele jüdische Organisationen sagen auf der ganzen Welt: Nicht in unserem Namen! Sie sind mit diesem krieg und der Besatzung nicht einverstanden. Mit Israel lassen sich gute Geschäfte machen, vor allem mit der sogenannten real-life erprobten Überwachungs- und Rüstungstechnologie, erprobt am palästinensischen Volk.
Aber wollen wir wirklich in einer Welt leben, in welcher Profit eine größere Rolle spielt als Menschenrechte? In einer Welt, in der internationale Rechte keinen Wert mehr haben, sondern nur das Recht des Stärkeren? Als palästinensische Österreicherin ist es mir auch wichtig zu betonen, dass wir uns gegen Krieg, Rassismus und Unterdrückung engagieren. Wir stehen auf gegen eine rechtsextreme Regierung, in jedem Land, auf jedem Kontinent. Wir hassen niemanden, auch nicht jüdische Menschen. Wir hassen nur die Unterdrückung. Kein Mensch will in Unterdrückung leben.
Wenn ich mich gegen den Krieg in Gaza und für die Freiheit Palästinas einsetze, dann setze ich mich gegen alle Kriege in dieser Welt ein. Rechtsextremismus macht an keinen Grenzen halt. Kein Mensch soll flüchten müssen, weil es in seinem Land Krieg oder Hunger gibt. Jeder soll dort leben können, wo er oder sie möchte, aber nicht weil er oder sie fliehen muss. Gegen Rassismus und Krieg! Die Menschenrechte müssen für alle Menschen gelten! Palestinean Lives Matters! Für eine Welt in Vielfalt, Freiheit, Frieden und Gerechtigkeit!