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Untersagungsbescheid Palästina-Demo 4.11.23 sowie Einspruch


4. November 2023

Nachstehend veröffentlichen wir den Untersagungsbescheid der Demonstration für einen Waffenstillstand in Gaza am 4.11.23 sowie Auszüge aus dem Einspruch dagegen.

Es sei noch darauf hingewiesen, dass sich die Polizei auf die umstrittene “Dokustelle Politischer Islam” stützt, die ebenso beim Innenministerium angesiedelt ist, obwohl das als Argument angeführte Zitat wohl wie von einem “unabhängige wissenschaftlichen Gutachten” erscheinen soll. Die zweifelhafte Institution wurde unter der Regierung Kurz als Instrument der antiislamischen Propaganda gegründet. Die Regierung hat es aber nie geschafft, glaubwürdiges Personal dafür zu finden. Lediglich Lorenzo Vidino, einen im Sold westlicher Dienste stehender Möchtegernwissenschaftler, gab sich gerne dafür her, genauso wie Mouhanad Khorchide, ein linksliberaler muslimischer Gelehrter ohne muslimische Anhängerschaft. (“Kurz kreißte und Khorchide gebar eine Maus“). Nach Kurz fristete die Anti-Islam-Stelle ein Dasein als Mauerblümchen, das auch von den Regime-Medien kaum Beachtung fand.

Bizarr die Transatlantifa-Passage der Polizei, nach der durch unsere Mobilisierung gar “nationalsozialistische Bestrebungen gefördern” würden, während sie Apartheid und koloniale Gewalt schützen und demokratische Grundrechte aushebeln.

Willi Langthaler

 

Unrichtige Angaben zum Inhalt der Besprechung vom 31.10.2023

Die Angaben im Bescheid betreffend die Besprechung vom 31.10.2023 geben nicht den Inhalt der Versammlungsbesprechung wieder.

Wenn die Behörde ausführt, dass der Beschwerdeführer angab, „nicht gewillt zu sein, bei der Versammlung als Leiter bzw durch seine Ordner einzuschreiten, falls verhetzende bzw menschenverachtende Slogans skandiert werden“, so ist dies bereits faktisch unrichtig. Der Beschwerdeführer hat sich dazu bereit erklärt, bei verhetzenden bzw menschenverachtenden Slogans einzuschreiten, teilte jedoch die unrichtige Rechtsauffassung der Behörde nicht, dass der Slogan „From the River to the Sea – Palestine will be free“ diese Kriterien erfüllt. Die Behörde führt zwar in der Folge aus, dass der Beschwerdeführer angab, dass dieser Spruch aus seiner Sicht kein verhetzender oder menschenverachtender sei, jedoch führt sie zuvor unrichtigerweise aus, dass der Beschwerdeführer ein Einschreiten abgelehnt hätte, wenn verhetzende oder menschenverachtende Slogans skandiert werden würden. Dies ist unrichtig.

Die Behörde widerspricht ihrem eigenen Rechtsstandpunkt

Die Untersagung der Versammlung durch die Behörde ist willkürlich und klar rechtswidrig. Es wird darauf hingewiesen, dass nach einer eigenen Pressemitteilung (Twitter – X) der LPD Wien vom 17.10.2023 (exakt zwei Wochen vor Ergehen des hier gegenständlichen Bescheides!) der hier gegenständliche Satz „From the river to the sea, Palestine will be freenicht den Tatbestand der Verhetzung erfüllt. Die LPD Wien hat exakt zwei Wochen vor dem gegenständlichen Bescheid öffentlich den Rechtsstandpunkt vertreten, dass der hier gegenständliche Satz rechtlich insofern unproblematisch ist, als er nicht gegen Gesetze verstößt.

Dieser „Tweet“ folgte als Reaktion auf die öffentliche Fragestellung Einzelner, warum die bisherigen Kundgebungen zu demselben Thema nicht aufgelöst wurden. In diesem Zusammenhang führt die LPD Wien unter Hinweis auf die „derzeit geltende Judikatur“ aus, dass dieser Satz keinen Anlass zur Auflösung einer Versammlung gegeben hat. Dieser Tweet ist nicht nur nach wie vor auf „Twitter (X)“ abrufbar, sondern wurde auch in einer Ausgabe der ORF-Sendung „Report“ in das Bild eingeblendet.

Wenn die Behörde nun, also zwei Wochen nach diesem Tweet, den exakt gegenteiligen Rechtsstandpunkt einnimmt, so übt sie offenkundig Willkür aus. Es ist bekannt, dass die „derzeit geltende Judikatur“ zu dieser Frage sich vom 17.10.2023 bis zum 31.10.2023 nicht geändert hat und daher das Abweichen der Behörde von derselben Judikatur im Wissen über die Rechtswidrigkeit dieses Standpunktes geschieht. Die Behörde behauptet wider besseres Wissen (!) die Rechtswidrigkeit eines rechtlich unbedenklichen Verhaltens, um eine friedliche, politische Kundgebung zu untersagen, obwohl sie vor exakt zwei Wochen noch öffentlich den Standpunkt vertreten hat, dass jenes Verhalten, welches nun als Vorwand für die Untersagung herangezogen wird, rechtmäßig ist. Aus eben diesem Grund wurde auch die Versammlung vom 11.10.2023 nicht aufgelöst.

Auch der Verweis der Behörde auf eine Stellungnahme der „Dokumentationsstelle Politischer Islam“ vom 25.10.2023 hilft ihrem Standpunkt nicht. Zunächst ist bekannt, dass die „Dokumentationsstelle Politischer Islam“ dem Bundeskanzleramt unterliegt, was in der Öffentlichkeit immer wieder für massive Kritik an der fehlenden Unabhängigkeit dieser Stelle hervorgerufen hat. Wie dieser Fall zeigt, bedient sich eine Behörde einer politisch beeinflussbaren Stelle, massive Grundrechtseingriffe zu rechtfertigen. Dies ist rechtsstaatlich höchst bedenklich. Die Behörde nimmt offenbar sogar den Standpunkt ein, dass die unsubstantiierte und rein anlassbezogene Stellungnahme gewichtiger sein soll als die von der Behörde selbst zitierte Rechtsprechung der österreichischen, unabhängigen Gerichte. Die Behörde stellt also nicht auf die rechtliche, sondern auf die politische Bedenklichkeit einer politischen Position ab, welche bei einer friedlichen, gesetzmäßig angemeldeten Versammlung vertreten werden soll. Dazu beruft sie sich auf eine der Regierung bzw dem BKA unterstellte Institution.

Diese politische Einflussnahme auf einen Verwaltungsakt, einen rein rechtlichen Vorgang, ist im Hinblick auf die Grundrechtslage unerträglich. Die nachträgliche (unvermeidbare) Erklärung der Rechtswidrigkeit dieser Untersagung ist jedoch ungeeignet, die unversehrten Grundrechte des Beschwerdeführers und der Versammlungsteilnehmer wiederherzustellen, weil bis dahin mehrere Monate vergangen sein werden und die Abhaltung einer Protestversammlung zum aktuellen Thema nicht mehr möglich sein wird. Die aufschiebende Wirkung der Beschwerde wurde verneint.

Zum Inhalt der Stellungnahme der „Dokumentationsstelle Politischer Islam“

Selbst wenn man der „Dokumentationsstelle Politischer Islam“ jedoch die Kompetenz zur Beurteilung der politischen Inhalte der Versammlung zusprechen wollte und unterstellen würde, dass es sich dabei um eine geeignete, unabhängige Stelle handelt, so würde selbst das Ergebnis dieser Stellungnahme vom 25.10.2023 nicht für eine Untersagung sprechen.

Die Dokumentationsstelle führt selbst aus, dass der zu beurteilende Satz „verschiedene Bedeutungsinhalte transportieren kann“ und stellt diese einzeln dar. In der Schlussfolgerung der Stellungnahme wird sodann lediglich ausgeführt, dass vor dem aktuellen Hintergrund nicht ausgeschlossen werden kann (!!), dass durch den Slogan auch eine dezidierte Vernichtungsphantasie des Staates Israel und ein ideologisches Naheverhältnis zur Hamas zum Ausdruck gebracht werden könne.

Die Schlussfolgerung der Behörde weicht wiederum (zum Nachteil des Beschwerdeführers) von jener der Dokumentationsstelle ab. Die Behörde folgert aus der Stellungnahme, dass der Slogan im Kontext mit dem aktuellen Terrorangriff der Hamas auf Israel am 07.10.2023 als Aufruf zur gewaltsamen Auslöschung des Staates Israel zu verstehen sei. Dies ist unrichtig und ergibt sich nicht aus der Stellungnahme der Dokustelle. Diese führt in Punkt 2 der Stellungnahme nämlich aus, dass es – aus ihrer Sicht – drei mögliche Bedeutungen für diesen Satz gibt, wobei nur eine davon (Punkt a.) eine „Vernichtungsphantasie“ beinhalte. Die beiden anderen (Punkte b. und c.) enthalten keinerlei solche Gedanken, sondern suggerieren vielmehr ein Zusammenleben in verschiedenen Ausgestaltungen. Die Dokumentationsstelle führt auch lediglich aus, dass „nicht auszuschließen“ sei, dass mit diesem Satz die Vernichtung des Staates Israel befürwortet werde. Die Schlussfolgerung der belangten Behörde, wonach der Beschwerdeführer oder die Versammlungsteilnehmer ausgerechnet diesen einen Inhalt unterstellen, bloß weil dieser „nicht auszuschließen“ sei, ist eine unerhörte und tatsachenwidrige Unterstellung.

Zum Inhalt des genannten Satzes

Die Behörde nimmt offensichtlich zur Begründung ihrer unrichtigen Rechtsauffassung eine einseitige, unreflektierte und unbegründete Auslegung des Satzes „From the River to the Sea – Palestine will be free“ vor und zieht diese Auslegung als Scheingrund heran, um eine friedliche Versammlung von Menschen zu einem Thema zu untersagen, welches momentan große Teile der Welt bewegt. Die Versammlungsteilnehmer möchten friedlich gegen einen Krieg protestieren.

Es ist evident, dass es sich bei dem hier gegenständlichen Satz um ein rein politisches Statement handelt, welchem in keiner Weise Verhetzung oder ein sonstiger rechtswidriger Inhalt unterstellt werden kann. Die Annahme der Behörde, dass der gegenständliche Satz „From the river to the sea, Palestine will be free“ menschenverachtend sei, ist frei erfunden und entstammt dieser einseitigen, unqualifizierten Auslegung durch die Behörde, welcher jedes Fachwissen für eine derartige Auslegung fehlt. Auch die Stellungnahme der Dokumentationsstelle politischer Islam wird – offenbar bewusst – falsch interpretiert, um ohne jeden Grund den für den Beschwerdeführer denkbar nachteiligsten Inhalt dieses Satzes zu unterstellen und die Kundgebung aus politischen Erwägungen zu untersagen. Es steht der Behörde im Übrigen nicht zu, den Inhalt dieses Satzes zu beurteilen und die inneren Gedankenvorgänge der demonstrierenden Menschen derart zu interpretieren, dass einem politischen Standpunkt eine Strafrechtwidrigkeit (an die die Behörde nach ihrem eigenen „Tweet“ nicht einmal selbst glaubt) zugeschrieben wird.

Der vorliegende Satz hat keinen eindeutigen, für alle Empfänger identen Bedeutungsgehalt, weshalb eine ausführliche Begründung seines unterstellten Inhalts jedenfalls notwendig ist.

Zur rechtlichen Beurteilung des genannten Satzes

Die Behörde hat in der Vergangenheit immer wieder behauptet, dass der hier gegenständliche Satz dem Staat Israel „das Existenzrecht verweigert“. Es ist aber völkerrechtlich völlig unstrittig und kann daher auch als behördennotorisch angenommen werden, dass die international von nahezu allen Ländern der Erde anerkannten palästinensischen Gebiete sich vom Mittelmeer (beginnend im Westen des Gazastreifens) bis zum Jordanfluss (am östlichen Ende des Westjordanlandes) erstrecken. Die Behörde lässt dies aber außer Acht und maßt sich stattdessen eine alleinige Auslegungskompetenz zur Bedeutung des Slogans an. Der reine Wortlaut des Satzes in Verbindung mit den geographischen Gegebenheiten lässt daher keinesfalls den Schluss zu, dass dem Staat Israel „das Existenzrecht abgesprochen“ wird.

Selbst wenn der zitierte Satz dem Staat Israel das Existenzrecht zwischen Mittelmeer und Jordanfluss absprechen würde, wäre die Untersagung der Versammlung rechtswidrig.

Die Bestreitung des „Existenzrechts“ eines beliebigen Völkerrechtssubjekts (sei es nun Israel, Österreich, die Sowjetunion, Taiwan oder etwa die Republik Rhodesien) ist nicht strafrechtswidrig, nicht hetzerisch und nicht menschenverachtend, da ein solcher Standpunkt keinerlei Berührungspunkte mit der Frage hat, welche Menschen wo und wie leben können, dürfen oder sollen. Wiewohl es dem politischen Standpunkt des österreichischen Staates (und der Behörde) entsprechen mag, dass eine derartige Äußerung unerwünscht und falsch ist, ist ein Abweichen von diesem Standpunkt keineswegs ein ausreichender Grund, eine friedliche Versammlung zu untersagen.

Die Behörde äußert keinerlei echte Bedenken über die Möglichkeit von gesetzwidrigen Äußerungen oder Handlungen im Sinne des § 11 oder § 13 Versammlungsgesetz. Der Anmelder hat sich außerdem dazu verpflichtet, im Fall von (echten) Aufrufen zur Verhetzung oder im Fall gesetzwidriger Vorgänge entsprechend einzuschreiten, derartige Vorgänge zu unterbinden und als letzte Möglichkeit die Versammlung aus eigenem aufzulösen.

Entscheidend für die Frage der Rechtmäßigkeit der Untersagung einer Versammlung ist ausschließlich, ob die Untersagung der Versammlung als ultima ratio zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit und zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig (das heißt: alternativlos) war. Die Ausführungen der Behörde enthalten lediglich eine abstrakte Sorge, ein denkbares Übel, nicht aber eine konkrete Gefahr oder ein konkretes Risiko von Verstößen gegen die öffentliche Ordnung und Sicherheit.