Die palästinensische Journalistin Shirin AbuAkleh starb am 11.5.2022 unter einem Johannisbrotbaum im Westjordanland. Sie wurde durch einen gezielten Schuss in den Kopf getötet. Die Kugel kam aus dem Gewehr eines der israelischen Soldaten, die zum wiederholten Mal in Dschenin eingefallen waren. Wir erinnern an sie stellvertretend für alle durch die Kolonialmacht getöteten und ermordeten PalästinenserInnen.
Johannisbrotbaum
wir träumen von dir
seit Zeiten des Johannes
als du der Sättigende warst
Moses schützte dich
deshalb
Baum Palästinas
Die Reinheit des Goldes wurde
an dir gemessen
du hast alles gesehen
das schöne Leben
mit Menschen in deinem Schatten
deren Körbe voll waren mit Früchten
der geduldigen, glücklichen Erde
Ertrag gesegneter Hände
generationenweit
Du hast in die Zukunft geblickt
und bittere Qualen gesehen
als sie vertrieben wurden
weintest du mit ihnen
bis Du selbst der Erde entrissen
wurdest
um Betoninseln exerzierender Militärs
Raum zu schaffen
Nach und Vorboten der brutalen Zeit
Johannisbrotbaum
du hast dich fest
mit deinen Wurzeln in die Erde versenkt
Wie jene
die dort geblieben sind
und du hast dem tosenden Unheil
tausendfach getrotzt
Niemals werden sie
dich
ausrotten können
den Ernährer der Armen
der den Ramadan mit Süße füllt
Ach Baum
wie bist du vielblättrig und grün
großzügig mit jeder Deiner Fasern
gleich der Hand des Allmächtigen
spendest du
dem Hungernden
dem Dürstenden
Deine Wurzeln reichen ans Paradies
Deine Äste – wer weiß –
erzählen den Verstorbenen
Geschichten der Schönheit und des Glücks
Du Baum Palästinas
wer in Deinem Schatten stirbt
wird eins mit den Jahrtausenden
deiner Erde
und Erbe des immermächtigen Landes
wird unvergesslich Generationen ernähren
mit Erinnerung
an den Sinn des Seins
mit Ermahnung
an das uralte Gewicht
der Gerechtigkeit
Gedicht aus dem Englischen übertragen
Über den Baum, seine Geschichte und Nutzen: https://de.wikipedia.org/wiki/Johannisbrotbaum