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Zum Anti-Nato Protest in Zwölfaxing


20. Juni 2021

Während man glaubt, sich vom Antisemitismus mit dem Blut der PalästinenserInnen reinzuwaschen, lässt es gut an Geschäften mit dem Apartheidstaat verdienen: das Waffengeschäft bis hin in Cybersphären floriert wie nie zuvor.

 

 

Kakanien war der Staat, der sich selbst irgendwie nur noch mitmachte. Und darin war Kakanien, ohne dass die Welt es schon wusste, der fortgeschrittenste Staat. Robert Musil

Österreich hat Kakanien beerbt. Es macht sich weiter irgendwie nur mit.

In den Geschichtsbüchern wurde uns gesagt, Österreich habe keine koloniale Tradition. Doch Kakanien hat Länder im Süden und Osten annektiert, unterjocht und ausgebeutet.

Es hat eine ostindische Handelskompanie gegründet und sich in Afrika an Elfenbeinexporten und Sklavenhandel beteiligt. Damit hat es ganze Regionen destabilisiert und politische Umstürze entgegen den Interessen der Bevölkerungen herbeigeführt.

Was machen heute österreichische Soldaten in Mali und Afghanistan? Sie seien zur Schulung dort, wird erklärt. Wieder sind wir ja nur irgendwie mit dabei, die „deutschen Interessen am Hindukusch zu verteidigen“. Das, mit unserer Neutralität im Bundesverfassungsgesetz.

Auch im Faschismus hätten ÖsterreicherInnen nur irgendwie mitgemacht. Man pflegte lange Zeit den Opfermythos. Mittlerweile ist durch die dicken Schichten der Verleugnung gedrungen, dass Österreich eine wesentliche Rolle in Entstehung und Aufstieg des Faschismus spielte. Doch während alte Nazis jahrelang in ihren Posten in Bürokratie und Medizin ihr braunes Gift weiter versprühten, wurde AntifaschistInnen, Wehrdienstverweigerern, Deserteuren und couragierten HelferInnen minimalste Aufmerksamkeit geschenkt.

Dabei: Hätten die Partisaninnen und Partisanen nicht unter Einsatz ihres Lebens gegen die Nazis gekämpft, gäbe es heute keinen österreichischen Staat und kaum so etwas wie Neutralität in diesem Raum.

Darüber wurde geschwiegen, denn die Nachkriegsregierungen dieses Landes wollten keinerlei antikapitalistische Tradition zulassen. Von Beginn an unterwarfen sie sich dem westlichen Diktat und es ist nur folgerichtig, dass sie Österreich in der Nato enden lassen.

Dabei macht man sich wieder nur irgendwie mit.

In der Zeit des Kalten Krieges war es noch notwendig die prowestliche Ausrichtung mit der Neutralität zu tarnen. Innenpolitisch war sie wichtig, um eine österreichische Identitätsstiftung zu realisieren.

Doch schnell nach dem Zusammenbruch des Warschauer Pakts war es damit vorbei.

1991 brach die große Koalition unter Vranitzky mit der Neutralität und dem Völkerrecht gleichzeitig, denn sie erlaubte der Nato die Aus- und Durchfuhr von Kriegsmaterial. Der Krieg gegen Jugoslawien erfolgte ohne UN-Mandat. 1999 benutzte die von den USA geführte Nato-Koalition für ihre Luftangriffe in Serbien den österreichischen Luftraum.  Der Pakt mit dem Teufel war getan. Österreich als „neutrales Land“ hatte den USA geholfen, ihre Präsenz in Europa zu zementieren und auszubauen. Die brutalen Kriege gegen den Irak wären ohne die Einbeziehung der Nato-Basen in Europa nicht möglich gewesen. Danach kooperierten österreichische Regierungen aller Farben mit der Nato im Kosovo und in Afghanistan.

Und die USA haben viele Pläne mit Europa. Zum einen wird die Militarisierung an den Grenzen zu Russland vorangetrieben. Seit dem Umsturz in der Ukraine im Februar 2014 liefert die USA der Regierung in Kiew militärische Ausrüstung und das US-Militär bildet in der Westukraine Soldaten aus. Auch stocken die Nato-Staaten ihr Verteidigungspotenzial in den baltischen Staaten, Bulgarien, Rumänien und Polen auf. Gegen welchen Feind? Russland? China? Iran?

Nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Wien entfiel seit Beginn der Ukraine-Krise ein Großteil der Truppentransporte durch Österreich auf die USA. Von Anfang 2014 bis Ende März 2015 schickte sie 1310 Transporte durch Bundesgebiet.[1]

Österreich unter Kurz schert sich nicht um die Neutralität. Auf Hochglanz-websites kann man die juristischen Winkelzüge dazu nachlesen.[2] Von der „neutralen“ Identität, die den Nachkriegsgenerationen so dringlich eingeschrieben wurde, ist nichts mehr übrig. Die neuen Identitätsstifter hetzen gegen Minderheiten, MigrantInnen und MuslimInnen. Durch solche Abgrenzung entsteht Hass. Das ist die Marschmusik für vergangene und zukünftige Kriege.

Österreich macht sich selbst irgendwie mit. Österreich ist ein Meister der Unterwerfung und in dieser maßlosen Unterwerfung ist es Täter.

Heute sind es Länder wie Kosovo, Mali, Afghanistan, denen Österreich den Stempel der westlichen Hegemonie aufdrückt. Heute wie damals sind es Profitinteressen, die den psychotischen Zustand der Regierung vorantreiben. Die Nato-Kooperation winkt mit Beteiligungen an großen Rüstungsaufträgen durch Zulieferverträge für österreichische Firmen.

Muslis Kakanien erzählt von einem dekadenten, autoritären, gewalttätigen Obrigkeitsstaat, der Charaktere wie den Mann ohne Eigenschaften hervorbrachte. Eine Identität, der die Verstellung, das Duckmäusertum, die zwielichtige Gesinnung buchstäblich in die Seele gekrochen waren.

Kanzler Kurz ist die Verkörperung der kakanischen Mentalität. Er überlässt den Staat den westlichen Geheimdiensten, dem Mossad und der Klüngelwirtschaft von Beamten, die ihn mit Razzien und Überwachungsgesetzen zu Rechts schleifen.[3] Kurz, selbst ein Möchtegern-Kaiser, schüttelt gern die Hände von rechtslastigen Autokraten wie Israels Netanjahu, der tausende PalästinenserInnen auf dem Gewissen hat.

Während man glaubt, sich vom Antisemitismus mit dem Blut der PalästinenserInnen reinzuwaschen, lässt es gut an Geschäften mit dem Apartheidstaat verdienen: das Waffengeschäft bis hin in Cybersphären floriert wie nie zuvor.

Wieder macht man sich selbst irgendwie nur mit.

Die Kooperation mit der Nato ist die logische Folge der monarchokolonialfaschistischen Tradition dieses Landes. Ob Koglers Grüne, wie die Schwesternpartei in Deutschland, bald auch der ehemaligen US-Außenministerin Albright applaudieren? Sie, die zur Tötung einer halber Million Kinder im Irak meinte „Ja, das war es wert“? Mit 100 000en Toten und einem verwüsteten Land, ist es die Nato, die imperiale Interessen im Irak zementiert, zuallererst immer noch die Herrschaft über den Rohstoff Erdöl.

Die Nato ist das Terror-Instrument westlicher Kolonialpolitik schlechthin.

Im Nato-Strategiepapier 2030 werden der Weltbevölkerung zwei große Bedrohungsszenarien vorgestellt: Pandemien und Terrorismus. Die Nato findet immer Vorwände und erfindet Lügen, um Länder zu erobern und auszurauben. Sie lebt von der Kooperation mit Staaten, die ihr Infrastruktur und Legitimität verschaffen. Vor allem jene, die in der Lage sind die Völkermordmaschinerie mit moralischen Fähnchen zu bestecken.

Und darin war Österreich, ohne dass die Welt es schon wusste, der fortgeschrittenste Staat.

Helga Suleiman, Steirische Friedensplattform

 

[1] https://www.diepresse.com/4817054/nato-transporte-osterreich-macht-sich-zum-komplizen

[2] https://www.addendum.org/bundesheer/sind-wir-noch-neutral/

[3] Ender, Berndt: Metternichs Erben. International III/2021

 

Den Protest gegen den Nato-Umschlag in Zwölfaxing und alle Fotos/Reden auf: http://www.selbstbestimmtes-österreich.at/galerie/468-nein-zum-nato-umschlag-oesterreich-kaserne-zwoelfaxing