Kurzmeldung zur Klage gegen die Verbote der Solidaritätsversammlungen für Palästina bei welcher hauptsächlich mit dem Argument der vermuteten Gefahr von gewaltsamen Ausschreitungen und der Gefährdung der öffentlichen Sicherheit gearbeitet wurde.
Diese Untersagung stellt jedoch allenfalls einen ungerechtfertigten Grundrechtseingriff dar. In concreto darf ein präventives Versammlungsverbot nur dann erfolgen, wenn der Zweck (der Versammlung) Strafgesetzen zuwiderläuft oder die Abhaltung (der Versammlung) die öffentliche Sicherheit oder das öffentliche Wohl gefährdet. Die Behörde stützt die Untersagung also auf eine Gefährdungseinschätzung des Landesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung Wien (LVT WIEN) und tätigt dadurch eine Prognoseentscheidung, obwohl nach Ansicht des VfGH bloße Vermutungen und Befürchtungen jedenfalls nicht ausreichend sind, um einen derart weitgreifenden Eingriff in den Kernbereich des Grundrechts zu rechtfertigen.
Auch die bloße Vermutung von antisemitisch motivierten Ausschreitungen ist nicht rechtskräftig, da nur solche Versammlungen untersagt werden dürfen, wo die Grundintention des auftretenden Vertreters solche sind, die mit den Schutzgütern (insbesondere öffentliche Sicherheit) in Widerspruch stehen. Dies war nicht der Fall. So hält LVT WIEN beispielsweise bei einer der Veranstaltungen fest, dass der Anmelder bei vergleichbaren Kundgebungen in der Vergangenheit immer sehr kooperativ agiert hat und sich an die polizeilichen Anordnungen stets gehalten hat. Es muss bedacht werden, dass hier lediglich anhand einer von der Behörde zu erstellenden Prognose den Betroffenen das Recht der kollektiven Meinungsäußerung bereits im Vorhinein vollständig verwehrt wird.
Grundrechte sind nach ihrer Konzeption einklagbare Rechte gegenüber dem Staat. Aus Art. 11 EMRK folgt die Pflicht des Staates, geeignete Vorkehrungen zum Schutz der Versammlungsfreiheit zu treffen. Gerade in Krisenzeiten kommt Grundrechten, insbesondere jenen politischer Natur, eine besondere Bedeutung zu. Neben dem besagten Verbot wurde gleichzeitig eine Veranstaltung, die eine pro-israelische Haltung vertreten, nicht untersagt, wenngleich auch in dieser pro-israelischen Versammlung Sicherheitsrisiken durchaus denkbar sind.
Dass zudem israelische Flaggen auf dem Bundeskanzleramt und dem Außenministerium gehisst wurden, sohin Österreichs Regierung proisraelische Akzente setzt, vermag zwar in rechtlicher Hinsicht keine Änderung zu bezwecken, im Sinne einer Gesamtschau der Umstände jedoch sehr wohl und wird in weiterer Folge dessen Einfluss zu prüfen sein.
Wichtig ist auch, dass die Untersagung ist nicht verhältnismäßig war und den Sicherheitsbehörden auch andere Mittel zur Verfügung stehen, als eine komplette Untersagung der Versammlung und damit den gravierendsten Grundrechtseingriff. Im Ergebnis steht fest, dass die Untersagung der angezeigten Versammlung einen unverhältnismäßigen Eingriff darstellt und ist dieser Eingriff im Hinblick auf Art 11 Abs. 2 EMRK keinesfalls gerechtfertigt, jedenfalls nicht unter den ebenfalls zu würdigenden Gesamtumständen.
Eine Untersagung der pro palästinenstischen Versammlung und das Gleichzeitige Gestatten einer pro-Israel Demo, ebenso wie die durch die Flagge Öffentlich zur Schau gestellte Einseitigkeit Österreichs bezweckt gerade das Gegenteil eines friedlichen Zusammenlebens und trägt dazu bei, die Konflikte der Streitparteien zu verhärten.