Zensurskandal in Deutschland, Rundbrief vom IPK-Vorstand, Deutschland
Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freundinnen und Freunde,
wir möchten Sie mit diesem außerplanmäßigen Rundbrief auf einen Zensurskandal hinweisen, der sich am vergangenen Donnerstag in Düsseldorf zugetragen hat.
Dort, in der Geburtsstadt Heinrich Heines, fiel die Wanderausstellung „Die Nakba – Flucht und Vertreibung der Palästinenser 1948“ des Vereins “Flüchtlingskinder im Libanon e.V.” acht Tage nach ihrer Eröffnung der Zensur des Sozialdezernenten der Stadt zum Opfer. Eine Ausstellung, die aus palästinensischer Perspektive zeigt, was um 1948 in Palästina geschah; ein Stück historischer Aufklärung im besten
Sinne.
In der Erklärung zur Schließung der Ausstellung verlautbarte die
Stadt, dass sie Vertretern der jüdischen Gemeinde missfallen habe, mit denen dazu eigens eine Begutachtung durchführt wurde.
I. Falsche Behauptungen
In der Begründung heisst es, ein Herr Szentei-Heise habe festgestellt “dass … ein entscheidender Fakt in der Ausstellung fehle. Explizit gehe es um die Aussage, dass der junge Staat Israel unmittelbar nach seiner Gründung von den Armeen sechs arabischer Staaten angegriffen worden sei.”
Diese Behauptung ist falsch, wie man hier leicht nachprüfen kann.
Weiterhin heisst es in der Begründung: “In der Ausstellung könne der Eindruck entstehen, dass die Juden alleine für Elend und Vertreibung der Palästinenser verantwortlich wären.”
Auch diese Behauptung trifft in dieser Eindimensionalität nicht zu. Im Vordergrund der Ausstellung stehen keine pauschalen Schuldzuweisungen – schon gar nicht an das Kollektiv der Juden oder Herrn Szentei-Heise – sondern belegbare Fakten, die das israelische Narrativ üblicherweise unterschlägt.
Dazu zählt, dass die nakba, die erste ethnische Säuberung Palästinas, zum Zeitpunkt des militärischen Eingreifens der arabischen Nachbarstaaten bereits in vollem Gang war und dass es zahllose Belege dafür gibt, dass die zionistische Führung die nakba gewollt, geplant und kaltblütig durchgeführt hat. Alles in dem Wissen, dass dies zu einem militärischen Eingreifen der arabischen Nachbarstaaten führen würde, wobei man mit dem bedeutendsten Gegner, Jordanien, zuvor Absprachen getroffen hatte.
Wie der Besucher diese Fakten interpretiert, welche Schlüsse er
daraus zieht bleibt ihm überlassen. Das diese Schlüsse Herrn Szentei-Heise eventuell nicht gefallen ist nachvollziehbar. Aber das ändert nichts an den Fakten und rechtfertigt keine Zensur.
Aus wissenschaftlicher Sicht gesehen besteht die Aufgabe der Ausstellung ganz allein darin, den Stand der historischen Forschung ohne grobe Verfälschungen wiederzugeben und das Präsentierte zu belegen. Genau das haben die Austellungsmacher nachweislich getan.
II. Unzulässige Zensur
Was bei der Auseinandersetzung mit den Befindlichkeiten von Herrn Szentei-Heise leicht aus den Augen gerät, ist dass auch die Behörden dem Grundgesetz unterworfen sind. Dieses besagt in Artikel 5: “Eine Zensur findet nicht statt”.
Aufklärung – das Gegenteil von Zensur – bedeutet in einer pluralen Gesellschaft, dass alle Parteien zu Wort kommen dürfen. Sie kann nicht durch die Zensur einer Behörde herbeigeführt werden, die nur solche Darstellungen zulässt, denen alle Parteien zustimmen. Überdies ist kein Fall bekannt, in dem Veranstaltungen von israel-freundlichen Organisationen behördlich zensiert und von Vertretern der palästinensischen Gemeinde begutachtet wurden, obgleich das dort Präsentierte häufig von erheblicher Einseitigkeit geprägt ist.
Es auch nicht die Aufgabe der Behörden, Ausstellungen nach derenwissenschaftlichen oder politischen Inhalten zu zensieren. Ihre Aufgabe besteht allein darin, die Befolgung der geltenden Gesetze und Normen zu garantieren; nicht darin, partikulare Interessen durchzusetzen, etwa die des israelischen Staates oder seiner Lobbyisten. Bezeichnenderweise ist in der Erklärung zur Schliessung der Ausstellung von bestehenden oder drohenden Gesetzesverstößen nirgendwo die Rede.
III. Empört euch!
Dass sich die Stadt Düsseldorf im Interesse der israelischen Staatsraison an der Verdunklung der Geschichte der nakba beteiligt, ist einer pluralen, liberalen Demokratie unwürdig. Heinrich Heine würde sich im Grab umdrehen.
Zensur – besagt das Grundgesetz lapidar – findet nicht statt. Dieser Grundsatz ist in Gefahr und das keinesfalls nur in Düsseldorf.
Wenn Sie Ihren Protest gegen die Bevormundung der Öffentlichkeit – also auch gegen Ihre potentielle Bevormundung – äussern möchten, dann schreiben Sie bitte den Verantwortlichen der Stadt Düsseldorf: dem Sozialdezernenten und dem Oberbürgermeister, deren Adresse Sie im folgenden finden.
Mit freundlichen Grüßen
IPK-Vorstand
Email-Adressen:
Sozialdezernent: burkhard.hintzsche@duesseldorf.de
Oberbürgermeister: ObDirkElbers@duesseldorf.de