Logo
Site-Logo
Site Navigation

Palästina, 1936, ein Bericht von Gabriel Péri


24. März 2011

Am 26. Mai 1936, vor genau 75 Jahren, veröffentlichte der französische Journalist Gabriel Péri, in “L’Humanité” (französische kommunistische Tageszeitung) eine erkenntnisreiche, aufrichtige und klare Analyse über Palästina

Am 26. Mai 1936, vor genau 75 Jahren, veröffentlichte der französische Journalist Gabriel Péri, in “L’Humanité” (französische kommunistische Tageszeitung) eine erkenntnisreiche, aufrichtige und klare Analyse über Palästina:

 

“Die Revolte in Palästina”

 

Seit mehr als einem Monat – um das Datum ab dem 15. April zu nennen – ist Palästina im Zustand der offenen Revolte. Demonstrationen und blutige Auseinandersetzungen vervielfachen sich. In den letzten Tagen haben 36 Personen unter der arabischen, der jüdischen Bevölkerung und der englischen  Besatzungseinheit den Tod gefunden. Panzer und mit Waffen voll beladene Fahrzeuge wurden zur Verstärkung nach Palästina verschickt.

 

Die Ereignisse verdienen Aufmerksamkeit und es ist unserer Meinung nach notwendig, die falschen Auslegungen, die aus diesen Gründen auftauchen können, zu korrigieren. Manche behaupten gern, dass die Unruhen in Palästina nur das Resultat der hitlerischen Propaganda und der mussolinischen Intrigen seien. Gestatten Sie uns, dass wir dieser Beurteilung nicht folgen.

 

Dass der hitlerische und mussolinische Faschismus versuchen alles zu unternehmen um die Ereignisse des internationalen Lebens für ihre Zwecke zu nutzen, wird niemand bezweifeln. Aber diese Auslegungen sind irreführend, wenn man die palästinensische Bewegung auf korrekte Weise einschätzen will.

 

Die Araber haben sich 1929 erhoben, eine Zeit wo Hitler nicht an der Macht war und es gab zwischen England und Italien keine Rivalität. Der palästinensische Aufstand hängt mit der allgemeinen Revolte, die die ganze arabische Welt, von Ägypten bis Syrien und Palästina erschüttert, zusammen.

 

Ist dieser Aufstand gerechtfertigt? Wir glauben, dass er vollkommen gerechtfertigt ist. Wir fügen weiters hinzu, dass man sich, nach unserer Meinung, schwer irrt, indem man diese Ereignisse als antisemitische Bewegung deutet. Der Antisemitismus ist uns zutiefst widerwärtig. Aber es sind nicht die Juden an sich, gegen die sich die Araber auflehnen, sondern gegen eine Form von Ausnützung, die der britische Imperialismus geplant hat und durchführt.

 

Grundsätzlich hat sich unter dem Vorwand der Errichtung einer nationalen jüdischen Heimat in Palästina eine echte Plünderung der Araber organisiert. Das große zionistische Unternehmen Keren Hayessod  1° hat sich in dieser Plünderung spezialisiert. Von dem Nichtvorhandensein von Eigentumsdokumenten bei den Bauern und Beduinen profitierend, setzt sich das Unternehmen mit einem arabischen Feudalscheich zusammen, um sich so Land anzueignen. Danach informiert das Unternehmen die Bauern, dass sie das Land verlassen müssen, wo ihre Vorfahren seit Jahrhunderten anbauten. Wenn sich die Bauern weigern, holt das Unternehmen Unterstützung von der britischen Armee.

 

Noch besser, eine anderer Organisation, die Histadruth  2° organisiert eine richtige Jagd auf arabische Arbeiter. Jedes Jahr zum Fest der Orangenernte, organisieren zionistische Überfallstruppen richtige Strafexpeditionen auf Baustellen und in Fabriken, wo die palästinensischen Arbeiter schonungslos vertrieben werden. So sehen wir, wie der Zionismus Pogrome im Countdown organisiert. Die Methoden, die wir aufzeigen, sind genau dieselben, die das Nazideutschland gegen die Juden anwendet.

 

Wie kann da die arabische Bevölkerung, unter diesen Umständen, sich nicht mit festem Entschluss empören? Die Führer dieses Aufstandes haben hundertmal ausdrücklich erklärt, dass es sich hier nicht um Antisemitismus handelt. Sie wollen gegen den britischen Imperialismus kämpfen und gegen seinen Alliierten, dem Zionismus. Sie verlangen die Einstellung der jüdischen Immigration, die 1914 von 80.000 auf 450.000 im Jahr 1935 angestiegen ist. Da gibt es keinen einzigen antijüdischen Aufruf, was man auch darüber sagen will.

 

Es geschieht im vollen Respekt des Asylrechts und im Namen der internationalen Solidarität gegen den Faschismus und nicht in Komplizenschaft mit einem suspekten Unternehmen von Plünderung, dass wir die Rechte der vom Nazideutschland verfolgten Juden verteidigen.

 

Die arabische Bevölkerung verlangt außerdem ein Verbot für den Verkauf arabischen Bodens. Sie befürworten die Bildung einer nationalen Regierung.

 

Diese Forderungen sind gerecht. Sie drücken den Willen eines Volkes aus, das die erstickende Vorherrschaft abschütteln will.

 

Die Rechte der von den faschistischen Diktaturen verfolgten jüdischen Arbeiter, sind nicht jene der Enteigner der großen zionistischen Agenturen und ihren Stosstruppen. Es sind die gleichen Rechte wie der Unterdrückten aller Hautfarben, die sich nicht berauben lassen wollen.

 

Gabriel Péri

 

1° Keren Hayessod: wichtigste Finanzeinrichtung der jüdischen Agentur, die zwischen 1934 und 1938 von der Lloyds Bank einen Kredit von insgesamt 675.000 Pfund Sterling erhalten hat

 

2° Histadruth: zionistische Gewerkschaftsorganisation

 

Gabriel Péri war kommunistischer Politiker und Journalist, von den Nazis am  15. Dezember 1941 erschossen wurde, nachdem er sich weigerte, eine Erklärung zur Verurteilung “terroristischer Handlungen” zu unterzeichnen.

 

Der Artikel ist in http://www.europalestine.com/impression.php3?id_article=2137&n
am 28.5.2006 erschienen

 

Übersetzung aus dem Französischen : Frigga Karl