Gazainfo, Dezember 2010
Die politische Situation im Nahen Osten ist momentan ein Debakel. Die Verhandlungen zwischen der israelischen Regierung und den Palästinensern liegen auf Eis. Die Drohungen gegen die iranischen Atomreaktoren gehen weiter – gegen den Nahen Osten. Seit 1990, dem Beginn der Vorbereitungen auf den Krieg gegen den Irak, hat der damalige US-Präsident Bush erklärt, nach diesem Krieg gäbe es eine Lösung für den Nahen Osten. Es werde einen palästinensischen Staat geben, das palästinensische Volk werde endlich die Freiheit erhalten, das Joch der Besatzung beendet werden, sie können wie die anderen Völker auf dieser Erde leben.
Zwanzig Jahre sind vergangen und die Nahostkrise gibt es noch immer. Obwohl mehrere Präsidenten in den USA wie Clinton, George W. Bush und endlich Obama immer wieder betont haben, es wird einen palästinensischen Staat geben. Aber die Leute, die hier leben, sehen, das waren reine Illusionen, mit denen das palästinensische Volk, die arabischen Massen und die Weltöffentlichkeit weiter für dumm verkauft werden, nur Worte, nur leere Worte.
Seit Obama an die Macht gekommen ist und auf der Bühne der Al-Azhar-Universität in Kairo erklärt hat, innerhalb von zwei Jahren wird es eine Zweistaatenlösung und einen palästinensischen Staat geben – seitdem befindet sich die Situation im Nahen Osten in einer echten Krise.
Die Verhandlungen sind seit Monaten auf Eis gelegt. Bevor sich die Palästinenser an den Verhandlungstisch gesetzt haben, haben sie von den Israelis durch die Vermittler der USA zugesichert bekommen, dass, wie in den Beschlüssen festgelegt wurde, die Siedlungspolitik in der Westbank und in Ostjerusalem beendet werden muss. Die Israelis haben das nicht akzeptiert. Der Siedlungsbau, der Landraub wurde beschleunigt und vertieft.
Gleichzeitig wurden mehrere Häuser in Ostjerusalem zerstört. Zwanzigtausend Häuser, Wohnungen oder Zimmer in Ostjerusalem und Umgebung, ebenso in Silwan, Al-Sheich Garah und Al-Isawieh sind von der Zerstörung bedroht. Die Israelis geben keine Bauerlaubnis für die Bewohner. Mindestens hunderttausend Bürger werden durch diese rassistischen Maßnahmen ihre Häuser verlieren und gezwungen sein, die Stadt zu verlassen. Das ist israelische Politik. Diese israelische Politik hat geplant, bis zum Jahr 2020 muss sich die Demographie in Ostjerusalem verändert haben und die Mehrheit der Bevölkerung müssen Israelis sein. Deshalb müssen die arabischen Familien zu Tausenden Ostjerusalem verlassen. Deswegen wurden Maßnahmen durchgesetzt wie die Verweigerung von Bauerlaubnissen, oder dass palästinensische Bürger, die israelische Ausweise haben, Zivildienst machen müssen. Oder manche Leute, die irgendeine Strafe haben, müssen ihre Ausweise abgeben und die Stadt verlassen.
Das bedeutet die Judaisierung oder Israelisierung Ostjerusalems. Gleichzeitig befindet sich die israelische Armee jeden Tag in den palästinensischen Städten oder Flüchtlingslagern oder den Dörfern in der Westbank, in Gebieten, die normalerweise unter der Obhut der palästinensischen Behörden stehen sollten. Hausdurchsuchungen, Verhaftungen, Häuserzerstörungen oder die Bedrohung, umgebracht zu werden. Gleichzeitig geht der Siedlungsaufbau im Westjordanland weiter. Die Zahl der Siedler ist in der Zeit seit dem Osloabkommen bis heute auf mehr als das das Dreifache gestiegen. Damals waren es 100.000, heute sind es mehr als 391.000 Siedler. Gleichzeitig ist die Zahl der Siedlungen gestiegen. Die Checkpoints in der Westbank zwischen den Städten oder zwischen den Städten und den Dörfern oder zwischen den Lagern und den Dörfern sind gestiegen. Vor drei Jahren waren es 300 Checkpoints, heute sind es laut UNO-Erklärung 621 Checkpoints.
Die Situation im Gazastreifen ist aufgrund der israelischen Politik wirklich nicht besser geworden. Die Blockade gegen den Gazastreifen dauert seit mehr als vier Jahren an. Dadurch wurde das Leben der Bevölkerung schwerer und die Armut steigt. Auch ist der Lebensstandard um 50% gesunken.
Materialien wie Baumaterialien, Medikamente, Lebensmittel dürfen nicht hinein, das gleiche gilt auch für Waren, die früher vom Gazastreifen in die Westbantk exportiert wurden, in die arabischen Länder oder nach Europa, wie Erdbeeren, Blumen, usw. Das Gleiche gilt für Personalreisen. Niemand darf in die Westbank reisen, auch nicht nach Israel oder ins Ausland. Jeder muss durch mehrere Checkpoints zwischen Gazastreifen und der Grenze zu Israel. Nur Leute, die sich zwischen Leben und Tod befinden, dürfen hinein, die meisten kommen aber tot nach Hause. Die Leute dürfen nicht raus, Urlauber dürfen nicht hinein, Besucher, die seit Jahren nach Hause möchten, die ihre Mütter oder Väter oder ihre Verwandten sehen wollen, dürfen nicht hinein.
Die Luftwaffe mit ihren F 16 ist fast jeden Tag in der Luft, pausenlos. Manchmal bombardieren sie Häuser, manchmal Sicherheitsgebäude, manchmal die Tunnel an der ägyptischen Grenze zu Rafah. Die Marine lässt die Fischer von Gaza nicht zum Fischen, immer wieder wurden sie von Kriegsschiffen beschossen. Tote, Verletzte und Sachschaden. Die Leute, die ihre Plantagen in der Nähe der Grenze haben, im Norden oder Osten von Gaza, werden immer wieder von den dort stationierten Panzern bombardiert und können ihre Ernte nicht einfahren. Auch bei ihnen gibt es Tote und Verletzte, fast jeden Tag.
Vor ein paar Monaten haben sich die Amerikaner bemüht, eine indirekte Verhandlung zwischen der palästinensischen Behörde und der israelischen Regierung durchzuführen. Sie haben gebeten, dass die Israelis die Siedlungspolitik für drei Monate stoppen. Als noble Geste. Nach den internationalen Gesetzen ist der Siedlungsbau illegal. Die Siedlungen, die gebaut wurden, müssten zerstört werden und die Siedler von dort raus. Das wissen die Vermittler, die sind Heuchler. Die indirekten Verhandlungen sind zu keinem Ergebnis gekommen, wochenlange Verhandlungen um nichts. Weil es keinen Druck von den USA gegen Israel gab, keinen Druck von der EU, dass die Israelis endlich internationale Gesetze akzeptieren und ihre Besatzung aufgeben… Das ist die Heuchelei der amerikanischen und europäischen Politik…
Ihnen tut es leid, aber Israel geht zu Ende. Israel als Fremdkörper in diesem Gebiet kann nicht lange leben ohne dass es auf allen Ebenen –militärisch, politisch-diplomatisch, wirtschaftlich – finanziert und unterstützt wird von seiner Gründung 1948 bis heute, um ihre Interessen durch die Israelis durchsetzen zu lassen. Israel hat diese imperialistische Mission im Nahen Osten akzeptiert und hat sie durch ihre Kriege, Aggressionen und ihre Counteraktionen bestätigt.
Die innere israelische Krise:
( )
Heute zeigen sich die israelische Regierung und alle Parteien in einem Punkt einig, es sind zionistische Parteien, ob sie Likud heißen oder Israel Beituna oder Arbeiterpartei oder die rassistisch religiöse Shaspartei. Diese Parteienkoalition dient nur den zionistischen Interessen und zionistischen Gedanken, etwa: Israel soll gemäß der Thora das Land besiedeln, dass Gott nur den Juden geboten hat und dass sie dort leben und es ihnen gehört. Oder die Lüge, die Theodor Herzl damals in seinem Buch (Der Judenstaat) geschrieben hat „ein Land ohne Volk für ein Volk ohne Land“.
Israel mit dieser Koalition befindet sich momentan in einer inneren Krise. Sie können weder Expansion und Kriege führen noch Frieden schaffen. Die Kriege, wie sie seit der Staatsgründung immer wieder geführt wurden, die hat man vorher nicht gekannt, niemand hat solche Kriege geführt wie die Israelis. 1948, 1967, dann 1956. Die Aggression Frankreichs und Englands gegen Ägypten mit Beteiligung Israels, dann die Aggressionen 78-82 gegen die PLO und den libanesischen Widerstand. 2006 führte Israel einen brutalen und heimtückischen Krieg gegen den Libanon. Ende 2008/Anfang 2009 ein blutiges Massaker gegen Gaza, wodurch 1400 Menschen aus der Zivilbevölkerung starben. Es gab mehr als 4500 Verletzte und die Infrastruktur im Gazastreifen wurde zerstört.
Ab 1987 während der ersten Intifada führte Israel überall in der Westbank und im Gazastreifen blutige Aktionen durch. Diese Kriege fanden unter der Arbeiterpartei statt oder der Likudpartei oder der Koalition der beiden. Oder heute gibt es neue Parteien wie Kadima, aber alle tendieren sie in die gleiche Richtung. Am Ende steht Vernichtung und Bombardement.
An der Friedensfront wissen sie ganz genau, es gibt keinen Frieden vor der Beendigung der Besatzung in der Westbank, im Gazastreifen und in Ostjerusalem, d.h. die israelischen Truppen müssen aus diesen Gebieten abziehen (…) aus allen palästinensischen Städten und Dörfern. Für die rassistische religiöse Partei gilt die gleiche Forderung wie für die offiziell säkularen zionistischen Parteien – nämlich Abzug und Aufgabe des Landes, das den Palästinensern gehört. Und d. h. Ende der Träume der Zionisten, die Beendigung ihrer Herrenträume. Deshalb versucht Israel mit allen Mitteln bis zum heutigen Tag einen Weg aus der Sackgasse an beiden Fronten, der Kriegsfront oder der Friedensfront, und eine Lösung zu finden. Aber es gibt keine dritte Alternative, entweder Krieg oder Frieden. Wie die Analyse der israelischen politischen Situation und seines politischen Systems zeigt: Israel sucht keinen Frieden, im Frieden kann Israel nicht leben und nicht existieren, weil die Widersprüche innerhalb der israelischen Gesellschaft so hoch sind.
Zwischen Religiösen und Säkularen, zwischen den früheren Siedlern und den Kolonialisten, die aus Europa und Osteuropa hineingekommen sind, oder aus Nordafrika, aus dem Orient oder Türkei oder Irak oder aus den arabischen Ländern gekommen sind. Es könnte einen Bürgerkrieg in der israelischen Gesellschaft geben, wenn sie im so genannten Frieden leben. Heute sind sie nur Soldaten des zionistischen Gebildes, alle dienen dieser Ideologie.
Gleichzeitig befindet sich Israel in einer schwierigen Situation durch das Atomprogramm des Iran. Es versucht mit allen Mitteln, den Westen – die USA und die EU – hineinzuziehen, um gegen das iranische Atomprogramm vorzugehen. Durch diese Aktionen gegen den Iran haben sie bis jetzt die Iraner nicht aufhalten können. Daraufhin kam es zu den militärischen Bedrohungen gegen den Iran, wie die Politiker und Generäle Israels immer wieder vor der Presse betont haben, auch auf diplomatischer Ebene.
Aber wie die neuen Dokumente, die Wikileaks öffentlich gemacht hat, zeigen, hat jetzt der Verteidigungsminister der USA in solchen Dokumenten betont, Israel könnte zwar allein die Atomanlagen im Iran bombardieren, aber dadurch könnte das Programm nur um drei Jahre zurückgeworfen werden, dann würde es weitergehen. Aber dadurch würde die Hölle los sein im Nahen Osten.
Israel hat versucht, durch seine Kriege 2006 gegen den Libanon (Hisbollah) oder 2008/2009 gegen den palästinensischen Widerstand im Gazastreifen, eine neue Realität zu schaffen durch die Beseitigung des Widerstands in den beiden Ländern, was Israel immer wieder als Wunsch und ideale Lösung markiert hat. Aber das war ein Schuss nach hinten. Durch diese Kriege wurde die Weltöffentlichkeit aufmerksam gemacht. Die Solidaritätskampagne mit dem Gazastreifen ist stärker und stärker geworden, wie durch die Solidaritätskomitees, die nach Gaza gekommen sind, durch Ägypten oder über das Meer, auf den Schiffen, um hier Lebensmittel und Medikamente zu bringen, um das belagerte Volk im Gazastreifen zu unterstützen und sich solidarisch mit ihm zu zeigen. Durch das Massaker israelischer Soldaten am türkischen Mavi Marmara-Schiff, bei dem neun türkische Solidaritätsaktivisten im internationalen Gewässer – das muss immer wieder betont werden – getötet wurden, hat Israel ein Kriegsverbrechen gegen die internationale Bewegung verübt.
Vorher war es ein Skandal für die Israelis, als die Massaker gegen die Zivilbevölkerung im Gazastreifen 2008/2009 publik gemacht worden sind, wie der Goldstone-Report klargemacht hat. Die Solidaritätskampagne mit dem Gazastreifen und die weltweite Bewegung gegen die Blockade des Gazastreifens wächst mit jedem Tag und wird weiterwachsen, bis diese Belagerung aufgehoben wird.
Israel befindet sich heute in einer isolierten Situation bei den meisten Völkern. Auch Teile der Regierungen in den USA und Europas fangen an, ihre Stimme zu erheben, dass endlich die Blockade aufgehoben werden soll und es ein Ende der Besatzung geben muss.
Israelische Politiker und Analytiker hier betonen ständig, Israel befindet sich in einer permanenten Krise, es droht die Aufhebung der Identität des zionistischen Gebildes. Sie argumentieren das damit, dass Israel seine Moral durch die Kriege verloren hat. Durch seine Verbrechen und seine Massaker gegen die Palästinenser, oder die Angriffe auf die Solidaritätsschiffe. Die Stimmen gegen Israel überall führen etwa dazu, dass einige Länder die Zusammenarbeit mit israelischen Universitäten ablehnen. Andere Länder versuchen es auf wirtschaftlicher Ebene oder drohen mit Sanktionen gegen Israel.
Israel geht auf derselben Straße wie damals Südafrika. Das Apartheidsystem von damals ist das Apartheidsystem von heute. Die Verbrechen von damals sind die Verbrechen von heute. Die Kolonialisten von damals sind die Kolonialisten von heute. Nur die Namen sind verändert, damals Südafrika, heute Israel. Damals die Buren, heute die Israelis.
Trotzdem, am Ende des Tunnels befindet sich kein Licht. Kein Licht bei den Verhandlungen, weil Israel keinen Frieden braucht. Israel will sich stärker machen durch seine Aufrüstung, durch neue Abwehrraketen, durch die neue so genannte Eisenkuppel (einige dieser Raketen mit 10km Reichweite gelangten in die Hände der Widerstandskämpfer im Gazastreifen). Immer wieder versucht die israelische Regierung, besonders das Verteidigungsministerium, durch das Zeigen militärischer Macht die innere Front aufzubauen, durch neue Bunker, durch neue Signale und neue Ausweisungen die Bevölkerung vorzubereiten auf den Krieg. Immer wieder kommen Informationen, Gerüchte, Propaganda oder Realität, dass sich seit 2006 und 2009 der Widerstand im Gazastreifen verstärkt hätte, weil neue militärische Systeme gebaut worden seien oder die Hisbollah hätte sich verstärkt, die Widerstandsfront, die Hamas oder Syrien und Iran. Wir werden sehen, was herauskommt: viele Leute glauben, Israel bereitet sich auf einen neuen Krieg vor. Gegen Gaza oder im Norden gegen den Libanon… oder vielleicht auf Angriffe gegen Syrien oder die Atomanlagen im Iran.
Aber man weiß, die Kriege vorher waren ein Kinderspiel, wenn jetzt ein Krieg stattfindet, wird er sehr blutig sein. Die Zerstörung wird so groß sein, wie vorher keiner geglaubt hat.
Aber die Tatsache ist, der Nahe Osten steht auf einem Vulkan und bald kocht die Lava hoch, es ist nur eine Frage der Zeit….