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Brief an Bundespräsident Fischer bzgl. Empfang von Barak in Wien


21. Dezember 2009

von „Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost“ (Österreich)

Herrn

Bundespräsidenten

Dr. Heinz Fischer

Präsidentschaftskanzlei

Hofburg

1010 Wien

 

Wien, 18. Dezember 2009

 

Sehr geehrter Herr Bundespräsident!

 

Mit diesem Schreiben erlaube ich mir meine Befremdung über den Empfang, der dem israelischen Verteidigungsminister Ehud Barak von der Republik Österreich bereitet wurde, auszudrücken. Wie Sie wissen, trägt Herr Barak die Hauptverantwortung, gemeinsam mit dem früheren Premier Minister Olmert und Aussenministerin Livni, für den mörderischen Angriff der israelischen Armee auf den Gazastreifen, die, wie der Bericht der UNO-Kommission für Menschenrechte, der sog. Goldstone-Bericht, dokumentiert, Kriegsverbrechen beging. Der Bericht wurde von der UNO-Vollversammlung angenommen. Nicht nur der Empfang „mit allen Ehren“, sondern auch die beabsichtigte militärische Zusammenarbeit Österreichs, das auf seine Neutralität so bedacht ist, mit einem Staat Israel, der in den letzten drei Jahren zwei Kriege – gegen den Libanon und Gaza – vom Zaun brach, sind mir völlig unverständlich.

 

Ich gehe nicht auf Israels 42 Jahre andauernde Besetzung palästinensischer Gebiete und alle damit verbundenen tragischen Folgen ihrer Bevölkerung ein. Sie sind Ihnen wohlbekannt, ebenso, dass diese Besetzung völkerrechtswidrig ist und dass Israel weder UNO-Resolutionen noch die Vierte Genfer Konvention je beachtet hat. Sie wissen auch, dass rechtsstaatliche Prinzipien in Bezug auf Israel/Palästina im Namen der Politik unberücksichtigt bleiben. Dies wird nicht nur von Österreich, sondern von der westlichen Welt, mit wenigen Ausnahmen, geflissentlich übersehen. Auch Österreich war einmal ein besetztes Land, ohne dass die Welt damals, mit Ausnahme Mexikos, Einspruch erhob und hatte dabei zu leiden.

 

Der U.S.-Präsident Obama erklärte kürzlich in seiner Rede in Oslo, dass, „jene, die von sich behaupten, internationales Recht zu respektieren, nicht wegschauen dürfen, wenn dieses Recht mit Füssen getreten wird“. Leider hat „wegschauen“ in Österreich Tradition. Ich erfuhr dies bereits in meiner frühen Jugend, im Jahre 1938, und wurde eines seiner Opfer. Zwar blickt Österreich diesmal in Bezug auf Israel in eine andere Richtung,  in eine bessere, wie es meint – nicht aber in die der universellen Menschenrechte, die keinen politischen Erwägungen unterworfen sein dürfen. Ähnlich wie Deutschland, meint Österreich aufgrund eines Schuldgefühls, für die Sicherheit Israels mitverantwortlich zu sein. Ein achtbarer Grund, doch durch Schuldgefühle wird man auch leicht erpressbar. Israel ist aus Gewalt, bzw. ihrer Abwehr, geboren und muss gerade deswegen die Gewalt der Staatsgründung beständig wiederholen. Israel wird nicht geholfen, diesen Teufelskreis zu durchbrechen, wenn es von der westlichen Welt, einschließlich Österreich, auf seinem Weg durch „wegschauen“ bekräftigt wird.

 

Mit besten Weihnachts-und Neujahrsgrüssen,

MMag. Peter Melvyn

„Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost“ (Österreich)

Karlsgasse 7

1040 Wien