Cynthia McKinney und Adam Shapiro aus Israel abgeschoben, von Amy Goodman, 08.07.2009 — Democracy Now!
Goodman:
Am Dienstag traf die ehemalige Abgeordnete des US-Kongresses Cynthia McKinney – nach ihrer Abschiebung aus Israel – in den USA ein. Sie ist eine von 21 Aktivisten, die in der vergangenen Woche verhaftet wurden, als das israelische Militär ihr Schiff, mit dem sie humanitäre Hilfe nach Gaza bringen wollten, in internationalen Gewässern aufgebracht hatte. Wir sprechen nun mit McKinney und dem Filmemacher Adam Shapiro, der ebenfalls verhaftet worden war.
Cynthia McKinney ist eine ehemalige Abgeordnete des US-Kongresses und eine ehemalige Präsidentschaftskandidatin der Green Party
Adam Shapiro ist Dokumentarfilmer, Menschenrechsaktivist, einer, der für die Rechte der Palästinenser eintritt. Shapiro ist Mitbegründer der Organisation ‘International Solidarity Movement’ (ISM)..
Die ehemalige Abgeordnete des US-Kongresses Cynthia McKinney traf am Dienstag in den USA ein, nachdem man sie aus Israel abgeschoben hatte. McKinney ist eine von 21 Aktivisten, die vom israelischen Militär in internationalen Gewässern gefangengenommen wurden, als sie versuchten, humanitäre Hilfe nach Gaza zu bringen. Das geschah in der vergangenen Woche. Gleichfalls an Bord des Schiffes der Organisation Free Gaza befand sich die Friedensnobelpreisträgerin Mairead Maguire. Die Reise war die erste der Free-Gaza-Bewegung, seit ein Versuch im Januar gescheitert war.. Damals hatte die israelische Marine gedroht, die zivilen Passagiere an Bord zu erschießen. Ein Marineboot hatte ein zweites Boot absichtlich gerammt, so dass es beinahe gesunken wäre.
Cynthia McKinney ist uns nun aus Washington D.C. zugeschaltet. Unser Gast im Firehouse-Studio ist Adam Shapiro. Er filmte die Reise der Free-Gaza-Aktivisten in der vergangenen Woche (…) Sowohl McKinney als auch Adam wurden in der letzten Woche festgehalten. Sie sind gerade in die Staaten zurückgekehrt.
Cynthia, warum gingen Sie mit? Was passierte mit Ihnen im israelischen Gefängnis?
Cynthia McKinney: Ich ging, weil Tag für Tag große Ungerechtigkeit geschieht. Es war mein zweiter Versuch, mit Hilfe von Free Gaza in den Gazastreifen zu gelangen. Beide Male wurde ich von israelischem Militär abgehalten. Mein Motiv sind die Menschenrechte des palästinensischen Volkes. Die Welt sah ‘Operation Gegossenes Blei’. Die USA lieferten den Weißen Phosphor, das angereicherte Uran, die Clusterbomben und die DIME-Waffen (neuartige Splittermunition), die auf die schutzlose Bevölkerung Gazas herabregneten. Natürlich wollten wir unbedingt hinein, um unsrere humanitäre Hilfe abzuliefern. Meine beiden Versuche, über Free Gaza hineinzugelangen – wir hatten Unterstützung – wurden vom israelischen Militär vereitelt…..
Amy Goodman: Waren Sie auf einem der gerammten Boote?
McKinney: Ich befand mich auf der Dignity. Ja, sie wurde in internationalen Gewässern gerammt.
Wann war das?
McKinney: Es war im Dezember, nur einen Tag vor Beginn der ‘Operation Gegossenes Blei’. Free Gaza hatte mich kontaktiert und gefragt, ob ich in 24 Stunden bereit sein könnte. Ich sagte ja, ich werde da sein.
Ich möchte an dieser Stelle einen Kommentar des israelischen Regierungssprechers Mark Regev einspielen. Er verurteilte die humanitäre Mission der Free-Gaza-Bewegung:
Mark Regev (eingespielt): Israel lässt es jeden Tag zu, dass humanitäre Hilfe die Menschen von Gaza erreicht. Nahrungsmittel, Medizin, Energie usw.. Darum ging es bei diesem Boot nicht. Bei diesem Boot ging es um politische Aktivisten, die Apologeten des Hamas-Regimes sind. Wenn es um die brutale Behandlung der Menschen in Gaza durch die Hamas geht, finden sie überhaupt keine Worte.
Cynthia McKinney – ehemalige Kongressabgeordnete – was sagen Sie dazu?
McKinney: Nun, ganz klar: Erst kürzlich besuchte US-Präsident Carter – der ehemalige US-Präsident Carter – Gaza. Im Grunde gab er zu, dass eine völlige, totale Verwüstung, wie sie die Menschen in Gaza erlebt haben, durchgeführt mit Waffen, die Israel von den USA erhalten hat, bedeutet, dass die Palästinenser leider nicht wie Menschen behandelt werden, sondern schlechter, so sagte er. Ich fordere die Israelis auf, zu Präsident Carters Worten Stellung zu nehmen.
Ex-Abgeordnete McKinney, bitte erzählen Sie uns etwas über das Gefängnis, in dem Sie waren.
McKinney: Nun, das Gefängnis war sehr interessant. Der erste interessante Eindruck, den ich hatte, war ein, wie es schien, endloser Strom von Menschen aller Hautfarben. Sie wurden dem gleichen Verfahren unterzogen wie wir. In meinem Zellenblock gab es Frauen aus Afrika und Asien. Sie wollten nach Israel, weil sie glaubten, Israel sei das ‘Heilige Land’. Viele von ihnen, nicht alle, aber viele, waren von der UNO als Flüchtlinge anerkannt, sie besaßen Flüchtlingsstatus. Sie waren vom UNHCR als Flüchtlinge eingestuft worden. Als sie mit der Polizei und deren Einschüchterungen und Drohungen konfrontiert wurden, sagte man ihnen: die Vereinten Nationen sind nicht Israel.
Adam Shapiro. Sie sind seit langem bekannt als Menschenrechtsaktivist für die Rechte der Palästinenser. Sie waren mit an Bord. Sie wurden brutal misshandelt. Sie filmten, wie das israelische Militär an Bord kam. Beschreiben Sie, was passiert ist.
Shapiro: Nun, sie kamen an Bord. Es waren 4 Schiffe der Zodiac-Klasse und 8 Marinekriegsschiffe. Sie umstellten unser Boot. Sie kamen direkt auf die Steuerkabine zugelaufen, wo ich und der Kapitän und andere Mitglieder der Crew uns aufhielten. Ich dokumentierte die ganze Reise und filmte, wie sie an Bord des Schiffes kamen. Sofort waren zwei Soldaten hinter mir her. Ich glaube, sie hatten erkannt, dass das, was geschah, besser nicht gefilmt werden sollte, sie wollten nicht, dass die Welt erfuhr, was hier vor sich ging. Ich versuchte, die Kamera so lange wie möglich zu halten, aber sie schlugen mir immer wieder in den Rücken und auf die Arme. Ich wurde gewürgt. Schließlich gab ich die Kamera aus der Hand. Sie haben alle unsere Bänder mitgenommen und alle unsere Flashcards, alles. Wir haben also keinerlei Aufzeichnungen über das, was an Bord geschah, die wir der Welt zeigen könnten. Die restliche Zeit wurden wir alle in einem Raum festgehalten. Es dauerte fast 6 Stunden, bis sie sich zu einem israelischen Hafen durchnavigiert hatten, wo wir verladen und schließlich eingesperrt wurden.
War nicht auch ein Al-Dschasierah-Reporter mit an Bord?
Shapiro: Ein Reporter und ein Kameramann von Al-Dschasierah. Auch sie haben ihr gesamtes Filmmaterial und ihre Kamera verloren.
Die haben ihren Computer konfisziert?
Shapiro: Ja, sie haben ihn genommen – komplett neu formatiert, alles gelöscht. Auch in diesem Fall haben wir nichts, was wir der Welt über die Ereignisse vorführen könnten.
Was sagen Sie zu dem Kommentar des israelischen Regierungssprechers Regev?
Shapiro: Nun, Mark Regev ist ja bekannt für seine bunten Schilderungen über das schöne Leben in Gaza – aus israelischer Sicht. Alle Berichte – einschließlich des aktuellen Reports des Internationalen Komitees des Roten Kreuzes – sagen, dass die Zahl der Lastwagen, die Israel nach Gaza durchlässt, völlig unzureichend ist, um den Bedarf zu decken. Ja, es stimmt, er kann behaupten, Israel lasse Nahrungsmittel und Medizin durch. Aber 2 Laster, oder selbst 20 pro Tag, sind viel zu wenig, und entsprechen nicht dem Bedarf. Seit der internationale Aufschrei nach den Angriffen im Januar verklungen ist, hat die Zahl der Lastwagen, die Israel durchlässt, immer mehr abgenommen. Damit wollen wir sagen: Die Bewegung Free Gaza ist eine politische Organisation – im Sinne einer Menschenrechtsorganisation. Menschenrechte für Palästinenser – das ist ein zutiefst politisches Thema. Wir fordern Israel politisch heraus. Diese Woche war meiner Meinung nach erfolgreich für jene unter uns, die für die Rechte der Palästinenser kämpfen. Es gelang uns zwar nicht, nach Gaza zu kommen, aber wir haben der Welt die wahren Farben der israelischen Okkupation und die Doppelmoral, mit der die USA und andere Länder mit Israel umgehen, vor Augen geführt.
Cynthia McKinney – frühere Abgeordnete des US-Kongresses. Wir haben nur noch 10 Sekunden. Sie wurden gerade abgeschoben. Welche Pläne haben Sie?
McKinney: Nun, ich wünschte, die Kinder von Gaza könnten die Bilderbücher und Farbstifte bekommen, die wir mit an Bord hatten. Ich wünschte, ich könnte sehen, wie die zerstörten Häuser aufgebaut werden. Ich wünschte, ich könnte sehen, wie das Leben der Menschen von Gaza wieder aufblüht. Und ich wünschte, ich könnte sehen, wie das palästinensische Volk seine Menschenrechte erhält und sie genießen kann.
Glauben Sie, dass Präsident Obama diesen Kurs einschlägt?
McKinney: Ich denke, Sie können sich diese Frage ebenso gut selbst beantworten. Als wir im Gefängnis saßen, protestierte das irische Außenministerium und verlangte von der israelischen Regierung die Freilassung der irischen Staatsangehörigen. Mehrere Parlamentsabgeordnete…
Wir haben nur noch 5 Sekunden…
McKinney: … aus Großbritannien…
… 5 Sekunden…
McKinney: … verlangten eine Rüge an die Adresse von Israel. Aus den USA kam nichts.
Cynthia McKinney, Adam Shapiro, vielen Dank, dass Sie bei uns waren. Mein Name ist Amy Goodman.