3. Dezember 2008
An die österreichischen Abgeordneten zum Europarlament
Sehr geehrte Frau Abgeordnete, sehr geehrter Herr Abgeordneter!
Als Menschenrechts-AktivistInnen und Mitglieder der Zivilgesellschaft, als besorgte BürgerInnen des österreichischen Staates, ersuchen wir Sie heute gegen das am 4.12.2008 im Europaparlament zur Abstimmung gelangende EU-Israel-Abkommen zu stimmen.
Wir sind entsetzt, dass die Beziehungen zu Israel auf vielen Gebieten, d.h. Wirtschaft, Handel, Wissenschaft, Sicherheit und diplomatischen Beziehungen vertieft werden. Es wäre tatsächlich unglaublich, einen solchen Vorteil gerade jetzt an einen Staat zu geben, der im Moment die fundamentale Menschenrechte der gesamten palästinensischen Bevölkerung, d.h. 3.5 Millionen Menschen verletzt.
Zahllose Menschenrechts-AktivistInnen, Autoritäten und Organisationen haben Israel diesbezüglich verurteilt und um internationale Sanktionen oder Druck auf die israelische Regierung aufgerufen, unter anderem:
Mairead Maguire (irische Friedens-Nobelpreisträgerin)
Richard Falk (UNO Spezialberichterstatter für Menschenrechte)
Desmond Tutu (Erzbischof und Friedens-Nobelpreisträger)
Jean Ziegler (der einen äußerst kritischen Bericht nach seinem Besuch der besetzten Gebiete vor einigen Jahren als UN-Sonderberichterstatter bezüglich Recht auf Nahrung veröffentlichte und Israel auch in den vergangenen Wochen wieder scharf kritisierte),
Ex U.S.-Präsident Jimmy Carter (Friedens-Nobelpreisträger)
John Ging (UNRWA Direktor des Hilfswerks in Gaza)
Ferner Amnesty International, Human Rights Watch, und viele andere mehr.
Einige israelische Künstler haben sich geweigert an den Feierlichkeiten des 60. Jahrestags der Gründung des Staates Israel teilzunehmen wegen der israelischen Unterdrückung und Israels militärischer Besatzung palästinensischen Landes, unter anderem der Dichter Aharon Shabtai und der Pianist und Dirigent Daniel Barenboim. Andere Künstler, wie der Brite Banksy, der die Apartheidmauer rund um Bethlehem malte, der Geiger Nigel Kennedy, Literatur-Nobelpreisträger Harold Pinter und der Filmemacher und Regisseur Ken Loach haben die Zustände in den besetzten Gebieten ebenfalls verurteilt. Loach und Kennedy haben Israel boykottiert.
Österreich hat schwer zu tragen an seiner Vergangenheit und den grauenvollen Vergehen an den Juden und an anderen Minderheiten während der Nazizeit. Es sollte aber nicht zulassen, dass für diese Verbrechen Palästinenser leiden müssen durch ethnische Säuberung und alles was damit verbunden ist. Österreich sollte nicht wegen seiner Schuld gegenüber den Juden nun dem Staat Israel „carte blanche“ geben und sogar belohnen für:
· Die Verhängung von Kollektivstrafe über die palästinensische Bevölkerung,
· Die brutale Abriegelung des Gaza-Streifen; eine Abriegelung, die seit Jahren andauert, die den Streifen zu einem großen Gefängnis mit mehr als 1.5 Millionen Menschen macht,
· Dem Raub von Land und Wasser in den besetzten Gebieten, der gegen das internationale Recht verstößt,
· Die Errichtung von ca. 600 – 700 Checkpoints und Barrieren durch das gesamte Westjordanland, die das normale Leben der palästinensischen Bevölkerung unmöglich macht,
· Den Bau einer z.T. 8-Meter hohen Mauer auf besetztem Land bauen (was ganz klar gegen internationales Recht verstößt und vom Internationalen Gerichtshof 2004 verurteilt und von Israel total ignoriert wurde – wie zahllose Resolutionen der UNO).
· Den Bau von illegalen Siedlungen in den besetzten Gebieten, die ständig vergrößert werden – eine Tat, die die internationale Gemeinschaft, einschließlich der USA, verurteilt hat.
Israel sollte nicht erlaubt sein ungestraft zu töten, gezielt zu morden, Erwachsene und Kinder zu verhaften und foltern und palästinensische Häuser innerhalb Israels und in den besetzten Gebieten zu zerstören. Wir möchten hier auch die massive Zerstörung von Oliven- und Obstbäume in den besetzten Gebieten und die enorme Zahl von Landminen im Südlibanon erwähnen, die Israel im Zug seines Einmarsches im Juli 2006 zurückgelassen hat.
Israel hat sich ständig geweigert, zahllose Friedenspläne in Betracht zu nehmen, darunter einen sehr ausgeglichenen und fairen arabischen Friedensplan. Wichtig zu erwähnen wäre die Zerstörung der gesamten Infrastruktur im Westjordanland durch die israelische Armee, die durch die finanzielle Hilfe Europas gebaut wurde – ohne den geringsten Protest von Europa.
Daher fordern wir Sie auf, als VertreterInnen der Europäischen Union und als gewissenhafter Mensch, gegen das EU-Israel Abkommen zu stimmen. Ihre Stimme gegen Ungerechtigkeit ist sehr wichtig Wir fordern Sie auf, auf die Meinung Ihrer Wähler zu hören und auf die Meinung hunderter Organisationen, die die Zivilgesellschaft weltweit vertreten. Wir fordern die EU auf, mit der Annäherung an Israel aufzuhören und Israel für seine zahllosen Menschenrechtsverletzungen und Verletzungen internationalen Rechtes verantwortlich zu machen.
Mit freundlichen Grüßen,
Paula Abrams-Hourani
für Frauen in Schwarz (Wien) und
Samuel Welber
Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost (EJJP-Österreich)