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Das transregionale “Feld” der Palästina Intellektuellen: Universitätsalltag im Ausnahmezustand


6. November 2008

Institut für Wirtschafts- und Sozialgeschichte und Institut für Zeitgeschichte laden zum Vortrag mit Roger Heacock (Universität Birzeit, Ramallah-Westbank), 4. Dezember 2008, 18:30, Wien


Das transregionale "Feld" der Palästina Intellektuellen: Universitätsalltag im Ausnahmezustand

mit

Roger Heacock (Universität Birzeit, Ramallah-Westbank)

Wann?
Do 4. Dezember 2008, 18.30 s.t.

Wo?
Universität Wien, Dr. Karl Lueger Ring 1, Fachbibliothek Geschichte, Alter
Lesesaal

Der "Ausnahmezustand" ist die überwiegende Normalität, sogar der großen
Demokratien. Im "Nicht Westen" stehen noch dazu Legalität und Legitimität einander manchmal feindlich gegenüber. Für die besetzten Gebiete Palästinas im allgemeinen, und für ihr Hochschulwesen im Besonderen gilt dies umso mehr, als der Ausnahmezustand-cum-Besatzung seit vierzig Jahren eine sich ununterbrochen verändernde und doch immer gleich bleibende tägliche Erfahrung bildet. Die Mehrheitspartei (Hamas) ist von der Palästinensischen Autorität in Ramallah sowie den israelischen Behörden verboten, ihre Anhänger werden verfolgt.

Wie organisieren sich die rund ein Dutzend Universitäten der besetzten
Gebiete, um trotzdem ihre Aufgabe und Berufung weiterzuführen? Erstens
einmal, indem sie einfach existieren (Mahmud Darwisch: "Wir sind noch
da"). Zweitens, indem sie die stets anwesende Blockade und Besatzung
durch internationale akademische Beziehungen überwinden. Und drittens,
dank dem Einsatz einer aktiven intellektuellen Solidarität zwischen dem
palästinensischen Innern und der Diaspora. Es kann hingegen, solange die
Besatzung andauert, keine inter-institutionellen Beziehungen zu israelischen Universitäten geben, wenn auch kulturelle Kooperation, schon aus Mobilitätsgründen stark begrenzt, manchmal stattfindet. Das weltweite
Netzwerk von In- und AuslandspalästinenserInnen hat durch das Überspringen der Mikro- und Makro-Barrieren eine Art täglicher Normalität der WissenschaftlerInnen im Ausnahmezustand erzeugt. Seine Teilnehmer agieren leichtfüßig als Mitglieder eines transregionalen Bourdieu´schen
"Feldes", dessen Einzigartigkeit auch seine Genies hervorgebracht hat
(Edward Said, Mahmud Darwisch).

Dieses Sprengen der geistigen Blockade hat widersprüchliche
Auswirkungen: die palästinensische Intelligenz und ihre Universitäten
schaffen mehr als Überleben oder Durchhalten; sie entwickeln sich
exponentiell. Zugleich bewirkt aber diese "Normalisierung der Ausnahme",
dass sie ihre frühere Stellung als Gramsci´sche, ihrem einheimischen
Regime gegenüber kritische, "organische Intellektuelle" verlieren, während
sie von der (Um)Welt noch immer als die "Anderen" vereinfacht werden.

Roger Heacock, Gastprofessor and der Universität Wien (WISO und
Zeitgeschichte) ist Universitätsprofessor für Geschichte an der Universität
Birzeit in Palästina. Zuvor lehrte er an der Universität Paris 7, am Genfer
Institut Universitaire de Hautes Etudes Internationales (IUHEI), an der
American University in Kairo und am Colorado College. Er beschäftigt sich
heuer mit der Geschichte des Meeres oder Thalassologie.

Begrüßung: Oliver Rathkolb (Institut für Zeitgeschichte)
Moderation: Andrea Komlosy (Institut für Wirtschafts- und Sozialgeschichte)

Im Anschluß wird zu einem Glas Wein gebeten.